Margot Flügel-Anhalt engagiert sich zwar in dem kleinen Thurnhosbach, wo sie Ortsvorsteherin ist. Aber die Rentnerin zieht sie immer wieder hinaus in die Welt. Nachdem sie mit ihrer Enduro „Über Grenzen“ durch Europa und Asien gedüst und mit dem gleichnamigen Buch und Film Furore gemacht hatte, bricht sie noch einmal auf – mit einem alten Mercedes Benz in Richtung Indien. „Wie wäre es, wenn ich einfach losfahre in Thurnhosbach und eines Tages wirklich ankomme in Jaipur?“ hatte sie sich gefragt.
Kein Urlaub aus dem Katalog
Im Buch „Einfach abgefahren“ beschreibt sie, wie es war. Auf jeden Fall nicht gerade einfach, nicht einmal für die welterfahrene und meist optimistische 65-Jährige. Aber sie hat es ja so gewollt. Hat sich für eine Reise entschieden, die „kein Urlaub aus dem Katalog“ sein sollte, kein „Rundum-Sorglos-Paket“. Sie wollte im wirklichen Leben unterwegs sein und „sogar ein bisschen am Alltag der Leute vor Ort teilnehmen“.
Vom Glück der großen Freiheit
Dazu hatte sie ausreichend Gelegenheit – dank der Bürokratie, die sie zu einem längeren Aufenthalt in der Türkei zwang. Auch wenn sie an der Grenze zu Syrien an den blutigen Bürgerkrieg erinnert wird, schwärmt sie gleich wieder vom „Glück der großen Freiheit“, von der „aphrodisierenden Unabhängigkeit“ und dem „wilden Glück, so zu leben, wie ich will“. Das liest sich zwischendurch ganz schön abgefahren, vor allem, wenn man die Bilder aus Idlib vor Augen hat.
Blick von außen aufs Land
Es ist halt auch ein Ego-Trip, mit dem Margot Flügel-Anhalt ihre Leser und Leserinnen konfrontiert. Als sie nach langer Wartezeit doch noch in den Iran einreisen darf, sinniert sie über das Kopftuch eines jungen Mädchens: „Warum darf sie sich nicht frei bewegen und sich ihres schönen jungen Körpers erfreuen?“ Und kommt zu dem Schluss: „Niemals wäre ich bereit, eine solche sinnentleerte Bürde zu tragen.“ Auch wenn die Weltreisende im wirklichen Leben unterwegs sein wollte, bleibt sie doch eher am Rand, blickt von außen auf die Menschen im Land.
Mutmacher für Unentschlossene
Wie in Indien, das sie zeitweise bezaubernd, dann wieder schwierig findet. Und trotz mancher Rückschläge ist sie überzeugt davon, dass die Menschen „gut“ sind. Denn richtig schlimme Erfahrungen blieben ihr auf ihrer langen Reise erspart. Und so ist ihr Buch trotz aller Oberflächlichkeit auch ein Mutmacher für andere. Für ältere Menschen, die sich solche Strapazen kaum mehr zutrauen. „Freiheit kennt keinen Ruhestand“ ist die umtriebige Reisende überzeugt. Auch deshalb ist sie von Indien gleich noch weiter gedüst nach Myanmar und Laos.
Ihr von Titus Arnu verfasster Erlebnisbericht lässt die Lesenden ganz ohne Risiko teilhaben an einer außergewöhnlichen Reise.
Info Margot Flügel-Anhalt. Einfach abgefahren, Ullstein extra, 16,99 Euro
Keine Kommentare