Mit Kinfolk Travel will der Däne John Burn den Zeitgenossen Reisen als Prozess des bewussten Entdeckens näher bringen. Mehr sehen durch weniger Programm ist seine Devise. In dem schön aufgemachten und reich illustrierten Buch Kinfolk Travel geht es zunächst zu 27 Orten, die von Tourguides vorgestellt werden. Sie alle – Musiker, Fotografen, Architekten, Köche, Galeristen – haben eine besondere Beziehung zu diesen Orten und öffnen den Lesenden „ihr eigenes Universum“.
Paris jenseits des Eiffelturms
Es fängt schon mit einer Überraschung an: Paris nicht mit Eiffelturm oder Pont Neuf, sondern die postmodernen Wohnanlagen der Vororte aus der Sicht eines Architekten. Und so geht es weiter: Mit einer Modeschöpferin in Dakar, mit einem Autor in den Buchläden von Baltimore, „the city that reads“ (die Stadt, die liest) oder mit einer Restauratorin durch die Museen von Tasmanien „wie Alice im Wunderland zu immer neuen Räumen“.
Instagrammability und Souvenirs
Bevor die Natur mit Draußen-Abenteuern lockt, sorgen ein paar Essays für Nachdenklichkeit. Es geht um die umstrittene Instagrammability und ihre Folgen, um Souvenirs und den Mythos Authentizität. Wer so reist, wie es Burns und die Mitarbeiter von Kindfolk Travel tun, nimmt die Welt wie sie ist und sucht sich seine eigenen Erlebnisse zum Beispiel mit einem Kletterer in Israel, mit einer Wellness-Expertin auf der Suche nach abgelegen heißen Quellen in Neuseeland oder mit einem Winzer im Libanon.
Skifahren im Iran
Auch in diesem Kapitel gibt es handfeste Überraschungen. Denn unter der Überschrift „Von der City auf die Piste“ entdeckt man Teheran und das iranische Skigebiet Shemshak. Und zum Vogelbeobachten laden Ornithologen nach London ein.
Seilbahn-Safari und Schiffsreise
Die außergewöhnlichen Aktivitäten öffnen ebenfalls überraschende Zugänge: Eine Seilbahn-Safari in der Schweiz mit „Buirabähnlis“, eine Schiffsreise durch Englands Kanäle mit einem „Narrowboat“ oder ein Roadtrip durch Fudschaira, das etwas andere Emirat. Und selbst auf der Weinroute, dem Camino de la Caldereta, durch Lanzarote lässt sich so einiges entdecken wie die Weißweintraube Vigiriega, die es „sonst nirgendwo auf der Welt gibt“.
Kein Fast Food des Reisens
Diese Reisen sind kein Fast Food zum schnellen Konsumieren, sie laden zum entschleunigten Genießen ein. Zum guten Schluss noch Gedanken zum Essen im Flugzeug, zum Für und Wider von GPS – warum sich nicht mal verirren? – und ein Plädoyer fürs Zugfahren. Kinfolk Travel: 352 Seiten zum Schauen, Lesen, Nachdenken und vielleicht auch zum Planen einer eigenen Reise.
Info John Burns. Kinfolk Travel, 352 S., 40 Euro
Keine Kommentare