Verliebt in Föhr

1. Juni 2024

„Kein Mensch kommt nach Föhr, weil es hier schick und modern ist“, schreibt die Journalistin Susanne Fischer in ihrem sehr persönlichen Buch über die nordfriesische Urlaubsinsel. Ihr erster Besuch auf Föhr galt denn auch weniger der Insel als dem Mann, mit dem sie ihr weiteres Leben teilen würde.

Rungholt und die Große Mandräke

Auch die Liebe zu Föhr teilen die beiden fortan. Sie werden Nebensaison-Urlauber, „denn im Sommer ist es schön, aber voll“. Nach und nach erschließt sich der Autorin das Inselleben. Sie erfährt, das Föhr lange dänisch war und dass das dänische Königshaus Wyk in Mode brachte. Sie macht lange Wattwanderungen, weil sie von diesem Ökosystem fasziniert ist. Sie liest sich ein in die Geschichte von Rungholt und erfährt, dass die „Geestinseln“ Föhr, Sylt und Amrum durch die erste „Große Mandräke“, eine historische Sturmflut, entstanden sind.

Neue Heimat Föhr

Und sie begegnet Menschen, die Föhr ihre Heimat nennen: Eine junge Modedesignerin und ihr Mann, der Kaffee röstet. Ein Designer und Ausstellungsmacher, der nebenbei noch eine Zeitung herausgibt. Ein Verleger von außergewöhnlichen Audiopublikationen. Föhr scheint Menschen mit innovativen Ideen anzuziehen. Nicht nur Touristen, von denen die Inselbewohner durchaus auch profitieren. Wie das ältere Ehepaar, das seinen Aussiedlerhof zu einem Ferienhof umgewandelt hat.

Aufatmen im November

Auch Susanne Fischer ist Touristin, selbst wenn sie regelmäßig wiederkehrt. Trotzdem räumt sie ein: „Das Schöne an Föhr im November ist, dass kaum noch Touristen da sind! Man spürt, wie die Straßen von Wyk einmal durchatmen.“ Dass in dieser Zeit auch all die netten Cafés, die schicken Restaurants, ja selbst das Kino geschlossen sind, nimmt sie hin. Immerhin hat sie so Zeit, auch die anderen Inselorte zu erkunden, noch tiefer in die Geschichte Föhrs einzutauchen.

Keine Insel der Seligen

Dazu nimmt sie die Lesenden mit. Sie erfahren, dass der Märchenerzähler Hans Christian Andersen 1844 auf Föhr war und dass der jüdische Quizmaster Hans Rosendahl regelmäßig hier Urlaub machte. Auch dass Föhr während des Nationalsozialismus keine Insel der Seligen war, sondern vielstimmig die NSDAP wählte, unterschlägt die Föhr-Freundin nicht. Auch nicht, dass sich das Inselleben durch den Tourismus verändert hat. Das Biikebrennen, etwa, heute zum Ende des Winters als Tradition vermarktet, sei in seiner jetzigen Dimension erst für die Gäste erfunden worden.

Hymne auf das Watt

Die können von Susanne Fischer allerdings auch lernen, wie und wo man die Insel am besten genießt, bekommen ein paar Insider-Adressen und eine Hymne auf die Schönheit des Watts. Das macht große Lust darauf, einmal selbst zu sehen, „wie sich das Licht im Gekräusel der kleinen Wellen bricht. Wie das Watt glänzt. Wie die Wolken sich türmen oder jagen.“

Info
  Susanne Fischer. Mein Föhr, mare, 190 S., 20 Euro

 

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