Geheime Quellen können sich auf Wasserzuflüsse beziehen aber auch auf illegale Geldzuflüsse. Womöglich auch auf beides wie in Donna Leonas neuem Roman mit dem Titel Geheime Quellen. Es waren noch nie Hau-Drauf-Krimis, bei Donna Leon und ihrem Commissario Brunetti geht es eher um die gesellschaftlichen Hintergründe, die zu Missständen und womöglich auch zu Morden führen. Das ist bei Brunnettis 29. (!) Fall nicht anders.
Eine Todkranke und ein Versprechen
Lange ist sogar unklar, ob es sich beim Tod von Vittorio Fadalto nicht doch um einen Unfall gehandelt hat und nicht um einen Mord, wie seine todkranke Frau annimmt. Ihr hat Brunetti versprochen, sich um den Fall zu kümmern. Doch das scheint nicht zu eilen. Denn lange geht es in dem Roman eher um die Hitze, die sich im überlaufenen Venedig staut, um Durst und Wassernotstand, um Umweltsünden und Brunettis Amtsmüdigkeit. Nur der Vize-Questore ist relativ unbeeindruckt von der Hitze, die seinen Mitarbeitern alle Energie aus den Knochen zu saugen scheint. Kein Wunder, Patta hat eine Klimaanlage, von der auch die kluge Signorina Elettra profitiert.
Wasser ist ein wichtiges Gut
Wie immer ist sie Brunetti bei seinen Recherchen eine große Hilfe, und so stößt er beinahe nebenbei auf eine Vergiftung des Wassers, die wohl auch dem toten Fadalto aufgefallen war. Donna Leon nimmt ihren neuen Krimi Geheime Quellen zum Anlass, Venedigs Wassermanagement in Frage zu stellen. Denn Wasser ist in diesen heißen Tagen, in denen Brunetti ermittelt, auch in der Lagunenstadt ein wichtiges Gut. Für ausreichend sauberes Trinkwasser und die dazu nötigen Infrastrukturen soll das private Unternehmen „Spattuto Acqua, Veneto“ sorgen, für das Vittorio Fadalto gearbeitet hat.
Eine Aufklärung aber keine Befriedigung
Bei Brunetti läuten alle Alarmglocken. Und mithilfe von Signorina Elettra und seiner Kollegin Griffoni gelingt es ihm auch, den Tod des Wissenschaftlers aufzuklären. Dass das Ganze dennoch unbefriedigend ausgeht, ist bei Donna Leon schon fast selbstverständlich. Gegen die allgegenwärtige Korruption und die Mafia ist selbst ein Brunetti machtlos. Ob er wohl deshalb schon mit seinem Ruhestand liebäugelt?
Hineingelesen…
in Geheime Quellen
„Am nächsten Morgen schaute Brunetti aus dem Fenster seines Büros und dachte an Schiffbrüchige, die in Rettungsbooten eingeschlossen waren in endlosem Azur. Auf dem Festland hatte es Gewitter gegeben, in der Stadt hingegen hatte es seit langem nicht mehr geregnet, und das normalerweise heiter auf ihn wirkende Blaut erschien ihm als eine Drohung, dass der Himmel kein Erbarmen mehr haben werde. Was passiert, wenn es nie mehr regnet? Überleben wir, bis alles Wasser verschwunden ist? Wenn die Flüsse versiegten und die Grundwasserspeicher austrockneten, halfen die Meere zu beiden Seiten der italienische Halbinsel kein bisschen. Die Venezianer könnten das Wasser nicht trinken, dem ihre Stadt ihr Leben verdankt.“
Info: Donna Leon, Geheime Quellen, Diogenes, 216 S., 24 Euro
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