Stadt oder Land? Berlin oder Oderbruch? Ruth oder Jann – wer von beiden hat den besseren Lebensentwurf? Björn Kern porträtiert in seinem Roman „Solikante Solo“ in Zeitsprüngen und aus gegensätzlichen Perspektiven ein Paar am Scheideweg. Die beiden haben eine siebenjährige Tochter, Sisal, sind aber nach größeren Auseinandersetzungen um den Familienwohnsitz getrennt. Doch auch das scheint nicht so recht zu funktionieren. Gestresste Großstadt-Mutter Ruth ist grundsätzlich gestresst – vom Job, vom Kind, von der ganzen Situation. Die Freundin aus unbeschwerten Studienzeiten erweist sich als wenig hilfreich. Denn für die verantwortungsvolle Mutter Ruth sind extravagante Ausgeh-Abende samt Man-Fishing keine Option. Überforderter Teilzeit-Vater Auf der anderen Seite hat sich Jann mit dem Kauf und der Renovierung eines alten Schlosses im abgelegenen Dorf Solikante verhoben. Er war zwar mal erfolgreich als innovativer Brauer, ist aber mit seinem Projekt Pleite gegangen. Nun will er in Solikante wieder etwas aufbauen. Doch das alte Gemäuer überfordert ihn genauso wie die Dorf-Originale, die er anfangs so erfrischend anders gefunden hatte. Schneller als gedacht gerät Jann an seine Grenzen – auch als Teilzeit-Vater. Ein Paar am Scheideweg Björn Kern schneidet in seinem Roman die Erzählungen der gefrusteten Eltern gegeneinander, springt mal vor, mal zurück. Da muss man schon aufpassen,…
Marlene Streeruwitz macht es ihren Lesern nicht leicht. Ihr neuer Roman „Flammenwand“ wird durch einen Anhang ergänzt, der eine Chronik politischer Ereignisse in Österreich vom 19. März bis 9. Oktober 2018 enthält. Diese Chronik soll den Roman ergänzen, sorgt aber eher dafür, dass die Leser aus dem Konzept geraten. Und das ist gerade in dem Roman, der strikt dem Gedankenfluss der weiblichen Hauptfigur folgt, fatal. Die Wiederholung des Missbrauchs Diese Adele, eine 50-jährige Frau aus Wien, die in Stockholm gemerkt hat, dass ihr deutscher Liebhaber Gustav sie betrügt, hängt irgendwie in der „Flammenwand“ fest. Das heißt, sie kommt nicht mehr heraus aus dem Grübeln über das Scheitern dieser Beziehung, die in Berlin begonnen hatte. Und so erfahren die Leser in der für Marlene Streeruwitz typischen Stakkato-Sprache nicht nur, das Gustavs vorgegebene Impotenz Adele zu einem passiven Opfer degradiert hat, sondern auch, dass sie von ihrem kriegsversehrten Vater missbraucht wurde und Gustavs Manipulationen an ihrem Körper wie eine Wiederholung dieses Missbrauchs empfand. Die Chronik als Kommentar Man muss sich einlesen in diese Ein-, Zwei-, Dreiwortsätze, die oft weder Subjekt noch Objekt kennen. Muss versuchen, dieser Adele in die dunklen Winkel ihrer Erinnerungen zu folgen und darf dabei nicht den doppelten Boden…
Wie ist es wohl, wenn das Kurzzeitgedächtnis ausfällt, wenn das Gehirn nur mehr alte Erinnerungen konserviert? Neurowissenschaftler untersuchen solche Fälle. Und Elihu Hoopes ist so ein Fall. Ein Mann im besten Alter (37), charmant, weltgewandt, intelligent. Nur: Hoopes hat durch einen Unfall eine Gehirnschädigung erlitten, er kann sich an nichts erinnern, was länger als 70 Sekunden zurückliegt. Die junge Neurowissenschaftlerin Margot Sharpe ist von ihrem Mentor, dem allseits anerkannten Prof. Milton Ferris mit dem Fall E.H. betraut worden. Eine Gefühl von Liebe Und die eher unscheinbare und schüchterne Frau, die Ferris auch zu seiner Geliebten gemacht und später wieder entsorgt hatte, wirft sich mit Elan auf den Fall. Zumal sie das Gefühl hat, dass E.H. positiv auf sie reagiert: „Körperliche Schädigung ist der große Gleichmacher, denkt sie. Vor anderthalb Jahren, vor seine Erkrankung, hätte Elihu Hoopes bei ihr wohl kaum zweimal hingesehen. Fast möchte sie ihn beschützen, ihn bedauern, und spürt, dass er dankbar für ihre Berührung wäre.“ Margot, durch den eigenen Ehrgeiz vereinsamt, entwickelt nicht nur einen Beschützerinstinkt für den charismatischen Kranken, sie verliebt sich in den Mann, der ihr so ganz ausgeliefert ist. Und ja, sie hat Sex mit Eli, leidenschaftlichen Sex – den dieser nach 70 Sekunden…