Natürlich sollen sie möglichst einmalig sein, die schönsten Reisen von Lonely Planet, möglichst erlebnisreich. Schließlich ist die Auswahl beschränkt. 50 solcher Reisen enthält der gleichnamige Band, alle einladend bebildert und relativ ausführlich von den Travellern der Buchreihe beschrieben. Frachtschiff und Fahrrad Eine Reise mit einem Frachtschiff ist dabei, eine auf einer Feluke aber auch eine Fahrt mit dem Campingbus, per Rad oder per Anhalter. Es wird getrampt und gewandert. Die – außereuropäischen – Ziele sind oft ziemlich exotisch und nicht ganz einfach zu erreichen. Wer den Berggorillas in Ruanda begegnen und sich „wie in einer Szene aus dem Jenseits“ fühlen will, darf nicht klamm sein. Das Erlebnis ist teuer erkauft. Die Information gehört eigentlich in die „Reiseplanung“, die bei jeder Reise am Ende steht. Der Zug und der Krieg Die Fahrt mit der Transsib von Peking nach Moskau dürfte derzeit nicht möglich sein – auch nicht von China aus. Wer will schon in Kriegszeiten durch Russland reisen? Da kann die Reise „in all ihrer Langsamkeit“ noch so faszinierend sein. Dann schon eher zu den 100-Jährigen nach Okinawa, die meist „verschmitzt“ dreinblicken. Nach Brasilien „low budget“ mit dem Rio-Kosmos im Zentrum. Oder nach Kuba „à la Hemingway“, wenn auf der Insel…
„Meine Funktion war sehr einfach: Leiche rein, Asche raus, Knochenreste im Kremulator zermahlen.“ Der da spricht ist Pjotr Nesterenko, Gründer und Leiter des Moskauer Krematoriums, und als Ich-Erzähler in Sasha Filipenkos Roman Kremulator genannt. Der belarussische Autor siedelt seinen gleichnamigen Roman in der Zeit der stalinistischen Säuberungen an. Nesterenko wird der Spionage für eine feindliche Macht beschuldigt und ausführlichen Verhören unterzogen. Er muss wohl mit der Todesstrafe rechnen. Trotzdem verlaufen die Verhöre „nicht frei von Komik“, wie der Angeklagte notiert. Bühne für persönliche Rückschau Ganz unschuldig daran ist Nesterenko daran nicht. Er nutzt die Verhöre auch als Bühne für seine ganz persönliche Rückschau. Denn der Mann war nicht nur der Gründer des Moskauer Krematoriums, er stammt aus altem Adel, hat für die Weißrussen gekämpft, war in Kiew, ist in Paris Taxi gefahren, arbeitete in Istanbul und in Serbien. Kurz, er hat so einiges aus der Welt außerhalb der großen Sowejetunion mitgekriegt. Geschichte einer großen Liebe Diese Weltläufigkeit imponiert dem jungen Ermittler Perepeliza und macht ihn doppelt misstrauisch. Was zum Teufel hat diesen Nesterenko dazu getrieben, von einem Ort zum anderen zu reisen, von einem Job zum anderen zu wechseln? Perepeliza ahnt nichts von der großen Liebe, die den Angeklagten seit…
„Ich schreibe, um hörbar zu machen, in Sprache zu übersetzen, was gemeinhin nicht gesprochen wird, nicht sprechbar scheint.“ Ulrike Draesner ist Lyrikerin, Romanautorin, Essayistin und Übersetzerin. Auch in ihrem neuen Roman „Die Verwandelten“ überschreitet sie die Grenze zwischen Prosa und Lyrik, zwischen Ländern und Sprachen und versucht, Unbegreifliches in Worte zu kleiden, Unaussprechliches zu skizzieren. Gewalt gegen Frauen Die Verwandelten sind allesamt Frauen, traumatisiert von Krieg- und Nachkriegserfahrungen. Ulrike Draesner schreibt von Gewalt gegen Frauen als Mittel zur Unterwerfung und darüber, was diese Gewalt mit den Frauen macht, wie sie sie für immer verwandelt. Als Russland seinen Krieg gegen die Ukraine begann, konnte Draesner, sagte sie in einem Interview, kaum weiterschreiben. „Viel zu gut konnte ich mir vorstellen, welche Arten von Gewalt nun erneut in Gang gesetzt worden waren.“ Interviews und Erinnerungen Das Material zu ihrem oft schwer verdaulichen aber umso beeindruckenderen Roman hat sie über Interviews und Zeitzeugenerzählungen gesammelt und in Fiktion verwandelt. Es geht ihr um „das weibliche Gesicht des Krieges innerhalb der Zivilbevölkerung“. Dabei springt sie zwischen den Zeiten und Perspektiven, was den Lesenden ein hohes Maß an Aufmerksamkeit abverlangt. Um die Frauen von Anfang an einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf das Figurenverzeichnis im…
Sasha Filipenko, geboren in der belarussischen Hauptstadt Minsk, weiß, was Andersdenkenden im russischen Einflussgebiet droht: „Die Universität, an der ich in Minsk studiert habe, wurde von Lukaschenko geschlossen. Das Institut der freuen Künste und Wissenschaften, an dem ich daraufhin in Russland studiert habe, wurde von Putin geschlossen. Der unabhängige TV-Sender Doschd, bei dem ich gearbeitet habe, gilt heute als ausländischer Agent.“ In seinem neuen Roman „Die Jagd“ hat er persönliche Erlebnisse ebenso verarbeitet wie Erfahrungen von Kollegen. Herausgekommen ist ein Buch von beklemmender Aktualität gerade in Zeiten russischer Großmachtsbestrebungen. Im Fadenkreuz der Mächtigen Im Fadenkreuz der Mächtigen steht der aufrechte Journalist Anton Quint, ein junger Familienvater. Lange glaubt er daran, mit seinen Posts und Recherchen die Welt um sich herum zum Besseren verändern zu können. Quint zieht in den Kampf gegen die Korruption wie einst Quichotte in seinen gegen die Windmühlen. Das Leben wird zur Hölle Doch das System schlägt zurück, erbarmungslos. Der korrupte Oligarch Wolodja Slawin setzt ein paar Typen auf den Journalisten an, die ihm das Leben zur Hölle machen. Ihr gnadenloser Vernichtungsfeldzug gilt auch der Familie des Opfers. Quint soll dazu getrieben werden, außer Landes zu gehen. Für die Hexenjagd sind alle Mittel recht: bösartige Verleumdungen, Dauer-Lärmbelästigung, …
Der Sage nach haben die Götter Prometheus an den Berg Kasbek gekettet zur Strafe dafür, dass er den Menschen das Feuer gebracht hat. Seither geht ist der Kaukasus nicht zur Ruhe gekommen. „Entlang der 1100 Kilometer langen Bergkette zwischen Schwarzem Meer und Kaspischem Meer streiten sich Großmächte und Kleinstrepubliken um Grenzen, Eigenständigkeit und Ressourcen,“ schreibt Stephan Orth in der Einleitung zu dem beeindruckenden Bildband „Kaukasus – Eine Reise an den wilden Rand Europas“. Im Kaukasus bestimmen bis heute Konflikte den Alltag Und wild ist diese immer noch unentdeckte Grenzregion, wie die großartigen Aufnahmen von Gulliver Theis zeigen. Sie nehmen die Betrachter mit in eine fremde, aufregende Welt. Eine Welt, in der noch immer Konflikte den Alltag bestimmen und die trotzdem voller Menschlichkeit ist. Eine Welt, in der Bobby-Cars Panzerform haben, die Autos auf den Straßen oft prähistorisch sind und die Nachbarländer einander zumindest mit Misstrauen begegnen. Stephan Orth und Gulliver Theis zeigen die unterschiedlichsten Seiten dieser Region: Es geht nach Russland, Georgien und Aserbaidschan – das nicht weniger konfliktreiche Armenien bleibt außen vor. Schräge Typen und gastfreundliche Menschen Unterwegs treffen die beiden Deutschen schräge Typen und gastfreundliche Menschen – und dank Handy-Übersetzungsprogramm kommen sie mit vielen ins Gespräch, wenn auch…