„Und so wurden wir ja wirklich das Wüten der ganzen Welt.“ (Koja Solm bei seiner späten Beichte) Ein Monsterbuch, eine monströse Geschichte: Chris Kraus rechnet in „Das kalte Blut“ auf 1200 Seiten mit der jüngeren deutschen Geschichte ab – und er mutet seinen Lesern ganz schön viel zu. Kein Wunder, dass der arme, kranke Hippie, dem der alte Konstantin (Koja) Solm 1974 im Krankenhaus seine Geschichte und die seines Bruders erzählt, fast verrückt wird. Es ist größtenteils keine erfundene Geschichte, die Kraus seinen Protagonisten erzählen lässt, es ist die Geschichte seines Großvaters. Schon in seinem Film „Die Blumen von gestern“ hat sich der Regisseur und Autor bei seiner Familiengeschichte bedient. Zwei Brüder und eine verhängnisvolle Affäre In dem breit angelegten Roman „Das kalte Blut“ lässt er den Großvater selbst zu Wort kommen. Sein alter Ego ist der Deutschbalte Koja, Sohn eines labilen Künstlers und einer stolzen Aristokratin und jüngerer Bruder des Theologiestudenten Hub, der sich zum fanatischen Nationalsozialisten wandelt. Auch Koja wird Nazi, das politische Engagement verbindet die Brüder ebenso wie die Liebe zu Ev, die als angenommene Schwester in der Familie aufwächst und erst spät erfährt, dass sie eigentlich Jüdin ist. Sie heiratet den Älteren und bekommt vom Jüngeren…