Überraschend schnell scheint sich Saudi- Arabien zu wandeln. Kronprinz Muhammad bin Salman (MbS) will seine Land im Rekordtempo vom Vorgestern ins Übermorgen führen und hat publikumswirksam Reformen angestoßen, die vor allem die Situation der Frauen verbessern. Nadine Pungg hat diesen epochalen Wandel bei ihrer monatelangen Reise durchs Land miterlebt. In dem Buch „Frühling in Saudi Arabien“ schreibt sie über ihre Begegnungen mit selbstbewussten Frauen, die mehr Teilhabe fordern, aber auch über hinterwäldlerische Dörfer, in denen Männer ihre Frauen noch als Eigentum betrachten. Das Land der Extreme Diesen Widersprüchen begegnet Nadine Pungg nicht nur zwischen Stadt und Land. Der ganze Staat oszilliert zwischen Extremen: „Saudi-Arabien ist weder Himmel noch Hölle. Es ist ein kompliziertes Land, in dem verschiedene Realitäten gleichzeitig nebeneinander existieren. Ein erzkonservatives Königreich und eine junge Nation mit technologiebegeisterten Digital Natives. Saudi-Arabien ist Abgeschlossenheit und Weltoffenheit, ist Beduinenromantik und futuristische Stadtplanung, ist rote Linie und Ausreizung der Grenzen. Saudi-Arabien ist Gottesfurcht und Exzess, ist Absolutismus und Chaos, Tinder und Todesstrafe, Tabu und Tabubruch. Brutal und sanft. Saudi-Arabien ist das Einerseits und das Andererseits. Das Himmelblaue und das Finsterschwarze.“ Die dunkle Seite des Regimes Das „Finsterschwarze“ erleben Dissidenten wie Raif Badawi, der 2014 zu zehn Jahren Haft und eintausend Peitschenhieben…
Zugfahren, das ist hierzulande keine reine Freude. Aber vielleicht hilft das Buch des Bahnenthusiasten Jaroslav Rudiš dabei, sich durch Ärgernisse wie Verspätungen, Zugausfälle, umgekehrte Wagenreihung und mehr die Laune nicht verderben zu lassen. „Gleise, die die Welt bedeuten“ versammelt Geschichten übers Bahnfahren in aller Welt – nicht nur positive, aber alle mit einer guten Prise Humor. Ohne die geht es selten bei Zugfahrten. Die Seele kommt mit Aber die Geschichten zeigen auch viel Positives, das einem bei langen Fahren begegnen kann: „Wenn ich mit dem Zug unterwegs bin, wirkt die Welt draußen auf mich wie ein nicht endender Film über das Leben, in dem ständig etwas Neues passiert“, schwärmt die Schweizerin Lea Cadisch. Und: „Der Hauptgrund aber, weshalb ich, wenn immer es geht, lieber lange mit dem Zug unterwegs bin als vielleicht etwas schneller mit dem einem Flugzeug: das Gefühl, wenn ich aus dem Zug aussteige, den Bahnsteig betrete, tief einatme und feststelle, meine Seele ist nicht über den Wolken hängen geblieben und reist mir hinterher, meine Seele ist mit mir angekommen.“ Positive Nähe Dieses Gefühl freilich wird oft teuer bezahlt – durch die Enge in überfüllten Zügen, in denen selbst Stehplätze rar sind. Durch Nachbarn, die sich gern reden…
Ist das das Buch zum 80. Geburtstag? Am 17. September kann Reinhold Messner seinen runden Geburtstag feiern. Am 29. August ist „Gegenwind“ im Malik Verlag erschienen, ein Buch, das „vom Wachsen an Widerständen“ erzählt. Und Widerstände hatte der Südtiroler sein Leben lang, ist er doch privat und beruflich eher kompromisslos. „Die Freiheit, aufzubrechen, wohin ich will“ – so auch der Titel seiner ersten Biographie – begleitete ihn bei all seinen Unternehmen – ob an den Achttausendern dieser Welt oder bei seinem Museumsprojekt. Selbstvertrauen durch die Mutter Parallel dazu erlebte er von Anfang an Widerstände, wurde angefeindete, ausgegrenzt, diffamiert. Dass er daran gewachsen statt gescheitert ist, hat er seiner Mutter zu verdanken, schreibt er. „Sie hat mir das Selbstvertrauen geschenkt, das mich 80 Jahre überleben ließ.“ Und dieses Überleben war nicht immer leicht. Am schwersten wohl am Nanga Parbat, wo der junge Messner seinen Bruder Günther verlor – das Trauma seines Lebens. Denn schnell stand der Vorwurf im Raum, Reinhold Messner habe den geschwächten Bruder seinem eigenen Ehrgeiz geopfert. Das Schicksal des Bruders In seinen Büchern versuchte der Autor immer und immer wieder, diesen Vorwurf zu entkräften. Er überwarf sich mit dem Deutschen Alpenverein, stritt sich mit ehemaligen Bergkameraden und Journalisten…
Wenn sich Mutter und Tochter gemeinsam auf den Weg machen, kann das ganz schön anstrengend sein. Vor allem, wenn die Tochter in der Pubertät und die Mutter noch in der Trauerzeit ist. Verena Schmidt hat es trotzdem gewagt, nach dem Unfalltod ihres Mannes, mit ihrer 13-jährigen Tochter Analena die Rockies zu erkunden. In dem Buch „Zwei Sommer in den Rockies“ schreiben die beiden abwechselnd über ihr gemeinsames Abenteuer und ihre Empfindungen. Blauäugiger Start Dass beide nicht immer einer Meinung oder einer Stimmung sind, verhehlen sie nicht, da wird ordentlich gemotzt und gegrummelt. Wobei Mutter Verena, die ihr Geld als professionelle Reiseleiterin verdient, sich für die gemeinsamen Abenteuer viel vorgenommen hat: „Reisen, andere Kulturen erleben und sich unterwegs zurechtfinden, vermittelt einfach soviel Toleranz und Skills, wie es kein schlaues Buch oder stationärer Unterricht vermag.“ Doch schnell muss sie erkennen, dass es für das Vorhaben mehr Vorbereitung braucht. Zu blauäugig sind die beiden gestartet, aber durch Erfahrung immerhin klüger geworden. Im Land der Bären Schließlich sind sie im Land der Bären unterwegs. Da heißt es vorsichtig zu sein. Genau wie im Schnee, der sie bei einer Tour überrascht oder im Mückenschwarm. Kanadas Wildnis ist von einer anderen Qualität als die weithin gezähmte…
Stephan Orth ist sicher einer der unerschrockensten Couchsurfer. 43 Jahre ist der Journalist und Buchautor inzwischen alt und noch immer bettet er sich gern auf Luftmatratzen, Sofas und Behelfsbetten, die Menschen für ihn bereitstellen, die er nur dem Namen nach kennt. Unerschrocken ist er deshalb, weil er sich dabei auch in Diktaturen wie den Iran wagt oder nach Russland. Doch so unerschrocken wie diesmal war er wohl noch nie. Denn der Couchsurfer, mittlerweile mit einer Ukrainerin liiert, hat die Ukraine zu seinem Ziel erkoren. Starke Geschichten Nicht ohne sich und seine Beweggründe zu hinterfragen: „Ich erlebe Tragödien aus der Nähe, und dann versuche ich, daraus Aufmerksamkeit zu generieren. Je extremer meine Erlebnisse sind, je mehr Gefahr ich mich aussetze, desto stärker die Geschichte“, weiß er aus eigener Erfahrung. Und eine starke Geschichte will er schreiben, um möglichst vielen Menschen eine Ukraine näher zu bringen, die sie nicht aus dem Fernsehen oder den Nachrichten kennen. Hoffnung auf das Kriegsende Natürlich ist Stephan Orth nicht in das vom Krieg heimgesuchte Land gereist, um touristische Tipps zu geben. Aber er will die Lesenden ermuntern: „Fahren Sie in die Ukraine, sobald das die Sicherheitslage erlaubt… Es lohnt sich sehr.“ Und er hofft auch: „Irgendwann…
Christo Foerster lebt am liebsten draußen, weil er das am besten findet. Dazu muss er nicht einmal weit reisen. Viele Möglichkeiten findet der Begründer der Mikroabenteuer-Idee vor der Haustür. In seinem neuen Buch „Am besten Draußen“ will Foerster seine Mitmenschen davon überzeugen, dass Draußensein nicht nur gesünder ist, sondern auch glücklich macht. Dabei schreibt er nicht nur über seine persönlichen Erlebnisse etwa bei seiner Tour von der Zugspitze bis nach Sylt, oder über Untersuchungen, die seine Idee bestätigen, er gibt auch Tipps, wie sich Draußensein am besten in den Alltag integrieren lässt. Verlassen der Komfortzone Kein Wunder also, dass Christo Foerster auch für eine Draußen-Schule, einen Draußen-Kindergarten plädiert, um schon Kindern die Bedeutung von Naturkontakten zu vermitteln. Dafür fordert er mehr „Achtsamkeit“, was er auch als mehr Aufmerksamkeit für das eigene Selbst interpretiert. Dabei helfe das Draußensein – auch in extremer Form wie beim Eisbaden -, das Verlassen der Komfortzone. Mehr Nähe zur Natur Längst ist Foerster nicht mehr allein mit seinem Plädoyer für Mikroabenteuer und Nähe zur Natur. In seinem Buch stellt er Menschen vor, die auf ihre Weise im Draußen glücklich sind: Ein Ehepaar, das kurzerhand das Schlafzimmer nach Draußen verlegt hat – auch im Winter; einen Abenteurer,…
Der Titel des Buches ist Programm: „Und dann kam einer, der hat‘s einfach gemacht“. Der Deutsch-Spanier Julen Sánchez hat sich ein ganz besonderes Abenteuer zugemutet – mit Null Emissionen. Mit Bike und Ruderboot ist er von Paris aus nach Pittsburgh aufgebrochen und von dort noch weiter nach Vancouver geradelt. Ein Horrortrip, möchte man meinen. Mit seiner Aktion will der 23-jährige Abenteurer Sánchez die symbolische Brücke, welche die Bürgermeister von Paris und Pittsburgh, Anne Hidalgo und William Peduto, in Sachen Klimaschutz geschlagen haben, sichtbar machen. 131 Tage auf dem Ruderboot Was für ein Unterfangen! 131 Tage verbringt er mutterseelenallein auf seinem Ruderboot. Und der Name „STORM“ passt auch hier. Denn immer wieder müssen sich Boot und Ruderer gegen haushohe Wellen durchsetzen, dem Swell Widerstand leisten. Das gelingt nicht immer ohne Blessuren und Verluste. Aber die einzigartigen Erlebnisse auf hoher See wiegen all die Strapazen auf: „STORM und ich befinden uns hier draußen in einem zeitlosen Vakuum, in dem wir uns der schlichten Magie des Seins ergeben können.“ Unvergessliche Begegnungen Es sind unvergessliche Begegnungen mit Meeresschildkröten, fliegenden Fischen, Wasservögeln, Delphinen, ja sogar mit Walen, die den einsamen Ruderer die körperlichen Schmerzen vergessen lassen. Ganz intensiv erlebt er auch Meeresleuchten und Nordlichter. Muntermacher…
Der Titel ist eher irreführend, denn eigentlich beginnt Bernadette Olderdissen in ihrem Buch mit der tiefsten Nacht und nicht mit dem ewigen Sommer. Wie auch immer, die Reisejournalistin hat sich in Lappland und seine Bewohner verliebt. So sehr, dass sie den abgelegenen Norden zur zweiten Heimat erkoren hat. Eisbad und Blutpfannkuchen In ihrem Buch nimmt sie die Lesenden mit zu den indigenen Samen, zu Rentierzüchtern, Fischern und Jägern und lässt sie teilhaben an den Bräuchen und Festen. Um das alles intensiv mitzuerleben, hat sich Bernadette Olderdissen einiges zugemutet, hat sich durch tiefsten Schnee gequält und sogar in eine Eisbad gewagt. Sie hat Fische selbst ausgenommen und Blutpfannkuchen verspeist. Und dabei viel gelernt: „Mein Lapplandjahr beweist mir immer wieder, dass ich mich an fast alles gewöhne. An ein Haus ohne fließendes Wasser. An ewige Nacht und ewigen Tag. An Rentierblut und -organspeisen.“ Schnee und Nordlichter Die Hamburgerin ist wild entschlossen, nichts auszulassen. „Ich bin hier um zu lernen.“ Von Anfang an hat sie sich in den schwedischen Norden verliebt, in die mystische Dunkelheit, den märchenhaften Sternenhimmel, die Nordlichter, die Verzauberung durch den Schnee. Ihre Geschichte erzählt sie entlang der acht Jahreszeiten der Samen. Die eigenen Grenzen Da ist viel Platz für…
Out there (dort draußen) wollen Julia und Lisa Hermes eine bessere Welt finden. Per Anhalter, mit dem Kanu, zu Fuß und mit dem Rad machen sie sich auf die Suche nach gelebten Utopien. Vier Jahre lang sind die Schwestern unterwegs – ohne Flugzeug. Sie besuchen Aussteiger-Communities, Widerstandsnester, Gemeinschaften, die alternative Lebensentwürfe testen. Nicht ganz ungefährlich Das ist nicht immer komfortabel und hin und wieder auch nicht ganz ungefährlich. Vor allem anfangs werden sie manchmal mit Misstrauen konfrontiert, auf dem Segelboot schlägt die Seekrankheit zu, und manche Utopie ist schneller gescheitert als sie verwirklicht werden konnte. Das liegt nicht immer an den Protagonisten, oft ist das Umfeld den Neuen und dem Neuen gegenüber feindlich gesinnt. Nicht so Julia und Lisa Hermes, die alles begierig aufsaugen, was nach besserer Welt klingt. Den Warnungen getrotzt Dabei lassen sich die Schwestern auch von gut gemeinten Warnungen nicht von ihren Plänen abbringen: „In Las Palmas wurden wir vor den Menschen auf Kap Verde gewarnt. Vom Auswärtigen Amt wurden wir vor Chalotteville gewarnt. In Tobago wurden wir vor den Kriminellen in Trinidad gewarnt. In Trinidad wurden wir vor der Gefahr in Venezuela gewarnt. Und in Venezuela wurde uns davon abgeraten, in Kolumbien zu trampen, weil es…
First Overland – als erste auf dem Landweg von Paris nach Singapur: Was heute kaum mehr möglich wäre und vor fast 70 Jahren für unmöglich gehalten wurde, haben sechs britische Studenten unternommen. Mit zwei Land Rovern fuhren sie durch 21 Länder und wagten sich dabei an unbefestigte Passstraßen ebenso wie durch gefährliche Furten und unwegsame Dschungelwege. Als sie wieder zurück waren, hatten sie über 50 000 Kilometer hinter sich gebracht. Das Buch über ihre abenteuerliche Reise wurde zu einer Bibel für Überlandfahrer. Jetzt liegt es auch in deutscher Übersetzung vor. Eine verrückte Idee Am Anfang war es nur eine verrückte Idee. Wie sie zu dem großartigen Reiseabenteuer First Overland gedieh und was die Teilnehmer dabei erlebt haben, das schildert Autor Tim Slessor so mitreißend, dass man das Gefühl hat, dabei zu sein. Zwischendurch kommen auch die Mitreisenden zu Wort – mit Tagebucheinträgen oder besonderen Erfahrungsberichten. Auch das macht das Buch so authentisch. Und die Fotos von den „verrückten Engländern“, wie die sechs gern genannt wurden, und ihren unverwüstlichen Fahrzeugen zeigen die gegensätzlichen Erfahrungen auf einer Reise, die mehrmals zu scheitern drohte. Zu Hause im Empire Heute, da hat Sir David Attenborough im Vorwort Recht, wäre sie tatsächlich unmöglich – schon…