Martina Bogdahn weiß, wovon sie schreibt. Das spürt man vor allem in den eindringlichen Schilderungen des Landlebens in ihrem ersten Roman „Mühlensommer“. Die Fotografin ist in Weißenburg geboren und auf einem Einödhof aufgewachsen. Die Ähnlichkeiten mit der Protagonistin des Romans sind also nicht zufällig. Wie die Ich-Erzählerin Maria hat Martina Bogdahn dem elterlichen Hof den Rücken gekehrt, um zu studieren und später in München zu leben. Zwischen Stadt und Land Was sie in „Mühlensommer“ thematisiert, kennt sie selbst: Das Leben zwischen zwei Welten und die Sehnsucht nach Heimat. Dabei ist die Mühle, die im Mittelpunkt des Romans steht, alles andere als heile Welt. Das Geld ist knapp, auch die beiden Kinder Thomas und Maria müssen mithelfen – bei der Ernte, beim Hopfenzupfen, auch beim Schlachten. Die Eltern haben wenig Zeit für die Kinder, die Oma führt ein strenges Regime und entspricht so gar nicht den kindlichen Vorstellungen einer liebevollen Großmutter. Im Gegenteil, als Maria sich über die ersten Katzenbabys freut, werden sie von der Oma ertränkt. Nur keine Sentimentalitäten. Vertraute Gerüche Maria hat sich weit entfernt von diesem Leben, ist in der Großstadt angekommen und hat dort auch arrivierte Freunde gefunden. Die zwei Töchter sind Mode affin und haben keine…
Mit ihren Dienstagsfrauen hat Monika Peetz Bestseller gelandet. Womöglich gelingt ihr das auch mit „Sommerschwestern“. Ging es in den Dienstagfrauen um fünf Freundinnen, spielen in den Sommerschwestern vier sehr ungleiche Schwestern die Hauptrolle. Unerwartete Einladung Auf Einladung ihrer Mutter, mit der alle vier ihre Probleme haben, kommen die Schwestern im niederländischen Bergen zusammen, dem Ort unbeschwerter Ferien aber auch dem Ort, an dem der Vater bei einem Unfall ums Leben kam. Warum hat ihre Mutter sie ausgerechnet dorthin befohlen, fragt sich Yella, die gerade selbst Schwierigkeiten mit der Familie hat. Probleme im Gepäck Eingeweiht in die mütterlichen Pläne scheint nur die große und erfolgreiche Schwester Doro zu sein, die allzu gern im Mittelpunkt steht. Denn auch die sehr verschiedenen Zwillingsschwestern Helen und Amelie stehen vor einem Rätsel. Auch sie haben auch ihre persönlichen Sorgen und Nöte im Gepäck: Amelie flattert von einem ungeeigneten Typen zum nächsten und bringt nichts auf die Reihe, und Helen läuft Gefahr, sich durch die eigenen Regeln ihr Glück zu verbauen. Rätselhafte Mutter Sobald man an der Oberfläche kratzte, wurde das Leben unübersichtlich, denkt Yella. Die überraschende Einladung der Mutter kam für alle zur Unzeit. Doch was sie ihren Töchtern offenbart, lässt die Alarmglocken schrillen und…
Der ehemalige Spiegel-Redakteur und Wirtschaftsjournalist Tom Hillenbrand kann scheinbar alles: Krimis mit Luxemburg-Flair um den eigenwilligen Koch Anselm Kiefer, Science Fiction („Hologrammatica“, „Cube“) und jetzt auch noch ein Finanzthriller, der in der Welt der Krypto-Währungen spielt und nicht mit Anspielungen auf den Namensgeber spart: Montecrypto. Grundwissen zu Krypto-Währungen Das klingt kryptisch? Ist es auch. Aber keine Angst: Hillenbrand versteht sein Geschäft und vermittelt in seinem 440-Seiten-Thriller so ganz nebenbei auch Grundwissen zu den Krypto-Währungen. Schließlich muss sich auch Ed Dante erstmal in die Materie einarbeiten. Der Privatermittler und ehemalige Wall-Street-Broker nennt sich zwar Spezialist für „Financial Forensics“, hat aber wenig bis keine Ahnung von Bitcoins, Blockchain & Co. Ein lukrativer Auftrag Doch die braucht er für den lukrativen Auftrag, den die Schwester eines kalifornischen Start-up-Unternehmers für ihn hat. Der Krypto-Investor Greg Hollister ist mit seinem Flugzeug über dem Golf von Mexiko abgestürzt. Dante soll Hollisters „Schatz“ finden, den dieser womöglich in Krypto-Währungen angelegt hat. Der Heilige mutierte zum Leibhaftigen Ohne die (Nach)Hilfe der smarten Bloggerin Mercy Mondego sähe der Ermittler ganz schön alt aus: „Greg Hollister war, so erklärt Mondego, einst einer der Helden der Kryptobewegung. Ohne seine Pionierarbeit gäbe es digitale Währungen in ihrer jetzigen Form vielleicht gar nicht….
Mit Leander Lost, dem Deutschen mit Asperger, hat Gil Ribeiro einen ungewöhnlichen Ermittler in die portugiesische Provinz geschickt, genauer nach Fuseta an der Algarve. Leander Lost hat sich inzwischen eingelebt und hat in Soraia, der Schwester seiner Kollegin Graciana, eine liebe- und verständnisvolle Partnerin gefunden. Und selbst die misstrauischen Polizeikollegen wissen seine Spürnase zu schätzen. Katz- und Mausspiel mit der Polizei Die kommt Leander Lost auch in diesem neuen Fall zugute. Es geht um eine Erpressung und einen ebenso einfallsreichen wie erstaunlichen Erpresser, der mit der Polizei Katz und Maus spielt und seine Bombenanschläge ganz gezielt einsetzt – zuerst gegen Sachen, dann auch gegen Menschen. Leander Lost, mit einem außergewöhnlichen Einfühlungsvermögen gesegnet, kann das Schlimmste verhindern und bringt sich dabei selbst in Todesgefahr. Schwarzgeld und Stierkampf Trotzdem ist dieser vierte Fall von „Lost in Fuseta“ eigentlich kein Krimi; Gil Ribeiro hat seine Kriminalfälle an der Algarve von Anfang an auch für deutliche Kritik an mangelndem Umweltschutz und korrupten Weltfirmen genutzt. Auch diesmal geht es um negative Entwicklungen wie die Überfischung der Meere, die Vertreibung der kleinen Leute durch Immobilienhaie und Luxustourismus, Stierkampf und Schwarzgeld. Wiedersehen mit alten Bekannten Aber es geht vor allem um die zwischenmenschlichen Beziehungen in der Policia…
Pandatage, das klingt nach bärenstarkem Kuscheln. Aber James Gould-Bourn setzt eher auf Situationskomik und schräge Typen. Eigentlich könnte es ein todtrauriges Buch sein, denn der junge Will hat vor einem Jahr seine geliebte Mutter verloren, und sein Vater hat seitdem nicht wieder Tritt gefasst im Alltag. Danny hat Schulden, sein Vermieter bedroht ihn massiv, sein Sohn Will spricht seit dem Unfall nicht mehr. Und dann verliert Danny auch noch seinen Job. Die Stripperin als Tanzlehrerin Beim Anblick der Straßenkünstler im Park kommt ihm die Idee, damit sein Geld zu verdienen. Vom letzten Geld erwirbt er ein räudiges Pandakostüm und lässt sich von seinem Freund Ivan, einem gutmütigen ukrainischen Riesen, eine illegale Straßenkünstler-Lizenz besorgen. Doch statt Münzen hagelt es Spott, denn Danny ist kein Künstler. Erst als ihn die Nachtclubtänzerin Krystal unter ihre Fittiche nimmt und ihm widerwillig ein paar Tanzschritte beibringt, bekommt er Beifall im Park. Der Panda wird zum Vertrauten Und dann sieht er, wie Will von ein paar Schul-Rowdies gemobbt wird. Im Pandakostüm geht er dazwischen und wird so zum Vertrauten seines Sohnes. Mit dem Panda kann Will über all das reden, was er bisher allein zu verarbeiten versucht hat: Seine Trauer, sein Schuldbewusstsein, seine Einsamkeit. Der Panda…
Qube passt in diese Zeit der Verschwörungstheorien fast so, als hätte Tom Hillenbrand beim Schreiben des Sci-Fi-Thriller geahnt, was da auf uns zukommt. Der ehemaligen Spiegel-Journalist und Krimi-Autor hat immer noch das Ohr am Puls der Zeit, und er schreibt Science Fiction, die nah an unserer Gegenwart ist. Das hat er mit seinem Bestseller „Hologrammatica“ bewiesen. Qube ist die Fortsetzung und spielt im Jahr 2091, drei Jahre nach dem ersten Buch. Ein Virus hatte die Menschheit dezimiert 40 Jahre vorher hatte ein Virus die Erdbevölkerung dezimiert, der Klimawandel hatte dafür gesorgt, dass weite Teile der Welt unbewohnbar und Sibirien zum Migrationsziel wurde. Damals hatte sich die Menschheit gewaltsam gegen eine zu mächtige Künstliche Intelligenz gewehrt. Inzwischen beherrscht die Digitalität den Alltag: Hässliches wird digital übertüncht, die Reise zu den Sternen ist mühelos, menschliche Gehirne können als „Cogits“ digital nachgebildet und in künstliche Körper, „Gefäße“ genannt, hochgeladen werden. Wechsel der Geschlechterrollen Als „Quants“ können Menschen wie die UNO-Agentin Fran so ganz leicht von männlich zu weiblich switchen, was für den Job – Fran ist auf KI-Gefahrenabwehr spezialisiert – ziemlich nützlich ist. Und es scheint so, als hätte die allmächtige KI überlebt und würde sich wieder in das Leben der Menschheit einmischen……
Holger Karsten Schmidt, der als Gil Ribeiro mit der „Lost in Fuseta“-Krimireihe einen Kommissar mit Asperger-Syndrom nach Portugal schickte, hat für seinen neuen Krimi „Die Toten von Marnow“ ein ganz außergewöhnliches Ermittler-Paar geschaffen, dem es gelingt, trotz so mancher Gesetzesübertretung den Lesern ans Herz zu wachsen. Die Grenzen verwischen, aber diese Rostocker Kommissare haben ihre Gründe für die Grenzüberschreitungen. Private Probleme und deutsch-deutsche Geschichte Da ist Frank Elling, Durchschnittsbürger und Vater einer Tochter, der für seine kapriziöse Frau einen Riesenpool in den Garten bauen lässt und sich dabei finanziell ganz schön übernimmt. Dass sein ganzes Privatleben ins Rutschen gerät, hat aber nicht nur damit zu tun. Und da ist die attraktive aber undurchsichtige Lona Mendt, die in einem Wohnmobil lebt und scheinbar niemanden an sich heranlassen will. Die beiden so unterschiedlichen Menschen ergänzen sich aber gut im Dienst, denn sie können beide ihrer Intuition vertrauen – und sich auf einander verlassen. Das ist besonders wichtig in diesem Fall, der tief in die deutsch-deutsche Geschichte hineinreicht. Was verbindet die Opfer? Daran denkt noch niemand, als der erste Tote gefunden wird. Ein Arbeitsloser, dem der Mörder die Kehle durchgeschnitten hatte. War er auch ein Kinderschänder? Einiges weist darauf hin. Auch eine für…
In Europa haben Frauen schon längst Gleichberechtigung erlangt, auch wenn sie beruflich in den höheren Etagen noch unterrepräsentiert sind. Dafür sind sie an den Universitäten gut vertreten und auch in der Politik: Wir haben eine Bundeskanzlerin und sogar eine Verteidigungsministerin. Mit Ursula von der Leyen steht eine Frau an der Spitze Europas, und gerade erst hat Finnland Sanna Mann zur Ministerpräsidentin gewählt und damit zur jüngsten Regierungschefin Europas. Soviel Frauen-Power war noch nie. Doch es war ein langer Weg, bis Frauen auch nur einen Zipfel der Macht ergattern konnten. Und ohne tatkräftige und entschlossene Frauen wären wir sicher auch heute noch nicht soweit. Drei Bücher stellen ganz unterschiedliche Frauen vor, die ihrer Zeit weit voraus waren. Sophie von Hatzfeld, die rote Gräfin Renate Feyl widmet sich in ihrem Roman „Die unerlässliche Bedingung des Glücks“ dem aufregenden Leben der „roten Gräfin“, Sophie von Hatzfeld (1805 bis 1881) – wohl eine der ersten Sozialistinnen und Vorkämpferinnen der Emanzipation. Als Lebensgefährtin des Arbeiterführers Ferdinand Lassalle ging Sophie in die Geschichte ein. Renate Feyl versucht in ihrem Roman, dieser widersprüchliche Frau nahe zu kommen. Dafür taucht die Autorin tief in die aristokratische Gesellschaft jener Zeit ein, in der Frauen besten Falls einen literarischen Salon…
Judith Merchant ist kein unbeschriebenes Blatt. Sie unterrichtet Creative Writing an der Universität Bonn, hat schon zwei Mal den „Glauser“ für ihre Kurzgeschichten bekommen und war auch mit ihren Rheinkrimis erfolgreich. Mit „Atme!“ ist sie nun ins Thriller-Genre gewechselt, wobei Titel und Klappentext atemlose Spannung suggerieren. Das Versprechen hält die versierte Autorin auch ein, indem sie die Leser in ein Wechselbad der Gefühle stürzt. Plötzlich ist Ben verschwunden Und das ist der Ausgangspunkt: Der noch mit Flo verheiratete Ben, die große Liebe der Ich-Erzählerin Nile, verschwindet bei einem Einkaufsbummel spurlos. Um ihn zu finden, überwindet sich Nile, mit Flo zu kooperieren. Doch trauen kann sie Flo nicht, womöglich auch nicht Ben. Und sich selbst? „Der Bodensatz von allem, was mit Flo zu tun hat, ist schwarze, klebrige Eifersucht, und die war schon immer da, seit dem Moment, als Ben das erste Mal ihren Namen nannte und ich begriff, dass es sie gibt. Seine Frau. Dass er eine hat.“ Wer bin ich und wenn ja wie viele Wer ist diese Nile, die Flo den Mann weggenommen hat? Das nette junge Mädchen von nebenan, das von Flos Freunden gemobbt wird? Eine Frau mit Kontrollwahn? Das verängstigte Opfer einer frühen Vergewaltigung, die ein…
Ein altes Herrenhaus irgendwo im Nirgendwo in Schottland, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Oder besser die Pfauen, die der Lord mal angeschafft hat und die sich vermehrt haben. Eine Gruppe Banker, die sich zum Teambuilding eingemietet hat und überrascht ist über den mangelnden Komfort in dem riesigen Anwesen, das sich nur schlecht beheizen lässt. Die toughe Chefin des Ganzen hat Köchin und Psychologin mitgebracht. Nichts soll schief gehen – und doch läuft nichts wie geplant. Der verrückte Pfau bringt alles durcheinander Das liegt nicht nur an dem verrückten Pfau, der alles attackiert, was blau ist, sondern auch an den tierischen Bewohnern und am Wetter. Es ist mitten im Winter, die Banker werden eingeschneit, die Chefin holt sich eine Grippe. Schlechteste Aussichten also für Teambuilding. Dass die Gruppe dennoch zusammenwächst, hat mit den widrigen Umständen ebenso zu tun wie mit der romantischen Umgebung und den Künsten der Köchin. Beste Agatha-Christie-Manier Isabel Bogdan kennt sich aus in den schottischen Highlands und mit der Mentalität der Lords und Ladys. Ihr Roman ist ein lustiges Hütchenspiel im Herrenhaus in bester Agatha-Christie-Manier. Denn alle wissen etwas, was die anderen nicht wissen, und das führt zu den absurdesten Verwirrungen: „Und so verging der…