Ganz klar, dieser Valentino ist der italienische Bruder von Philip Marlowe, Chandlers legendärem Privatdetektiv. Schon mit dem Titel „Schwarz wie das Herz“ verweist Autor Giancarlo de Cataldo auf das Vorbild der schwarzen Krimis. Ich-Erzähler Valentino ist zwar kein Privatdetektiv sondern Anwalt, aber wie Marlowe zwar aufrecht aber ziemlich verlottert. Ein harter Kerl, der gern billige Zigarren raucht und schöne Frauen mag, aber keine Kompromisse macht, wenn es um seine moralischen Grundsätze geht. Ein aufrechter Held Und wie Marlowe geht Valentino aufrecht seinen Weg in einer von Korruption geprägten Welt, in der schwarze Leben weniger gelten als weiße, arme Menschen weniger wert sind als reiche. Ohne seine Unterstützer aus der Szene wäre Valentino schon längst gescheitert. Mit ihnen aber gerät er an einen Fall, der ihm alles abverlangt. Auch, weil er lange nicht ahnt, worum es wirklich geht beim Mord an einem Schwarzen. Der hatte Valentino kurz vor seinem gewaltsamen Tod noch um Hilfe gebeten… Ein gefährliches Netz Schon aus schlechtem Gewissen lässt sich der Anwalt darauf ein, den Fall näher zu untersuchen. Dabei gerät er ins Netz einer mächtigen römischen Familie, der Alga-Croce. Und trotz aller moralischen Skrupel läuft er Gefahr, darin hängen zu bleiben. Zu verführerisch ist die Vorstellung,…
Eva Rossmann ist Verfassungsjuristin und politische Journalistin. Für ihre Krimis mit der Wiener Journalistin Mira Valensky und deren aus Bosnien stammende Freundin und ehemalige Putzfrau Vesna Krajner wurde sie mehrfach ausgezeichnet, 2024 mit dem Österreichischen Krimipreis. Der neue Krimi „Alles Gute“ dreht sich um eine App gegen die Spaltung der Gesellschaft. Nichts Gutes für den Erfinder Klingt doch gut. Wer würde sich so ein Tool nicht wünschen? Gerade in der heutigen Zeit mit den tiefen Gräben im Volk. Doch dem Erfinder, dem Geschichtslehrer Peter Gruber, hat die App „LISA wünscht alles Gute“ nichts Gutes gebracht. Das Strichmännchen seiner kleinen Nichte Lisa hat zwar jede Menge Menschen dazu animiert, die App runterzuladen und ihn damit reich gemacht. Aber nun fühlt sich Gruber verfolgt. Angst vor den Folgen Der Mann, der im Unterricht immer wieder auf die Parallelen zwischen der heutigen Zeit und den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts hingewiesen hat, hat Sorge, dass seine App von geldgierigen Internet-Firmen missbraucht werden könnte – um Daten abzugreifen. Und dass skrupellose Geschäftemacher sich womöglich auch an seiner kleinen Nichte vergreifen. Hass und Milliarden-Geschäfte Gruber bittet Mira und Vesna um Hilfe. Die beiden verstehen zunächst nur Bahnhof. Aber dann verschwindet der Lehrer und Mira und…
Das Oh mit dem Ausrufezeichen zeigt schon an, dass dieser Reiseführer über Bozen anders ist, dass er zum Staunen anregen will. Und dieses Versprechen halten Maria Kampp und Oswald Stimpfl auf 160 ebenso unterhaltsamen wie informativen Seiten. Alte Fresken und moderne Kunst Tatsächlich lernt man die Südtiroler Hauptstadt von den unterschiedlichsten Seiten kennen. Da ist so ziemlich alles drin, was den Südtirol-Gästen Freude macht: Die Kunst mit uralten Fresken in Kirchen, Kapellen und in der Burg aber auch moderne Kunst im trendigen Ambiente. Weder die Autorin noch der Autor haben Berührungsängste mit der Moderne. Frischer Stil Das gilt auch für den Stil und die Fotos. Frisch und manchmal auch frech kommen die Texte daher – mit Anglizismen als Stilmittel. Da darf dann schon mal ein Fresko zum Weltuntergang ziemlich respektlos beschrieben werden: Während die Reichen vom Reiter Tod niedergemäht werden, bleiben die Seelen der Armen verschont. „Engel begleiten in den Himmel. Dort geht‘s auf die Waage. In einer Waagschale sitzt die gute Seele und wiegt schwer, auf der anderen Schale versucht der Teufel vergeblich, die Waagschale hinunterzudrücken. Der Reiter schwingt derweil die Sense und mäht Menschenköpfe…“ Schräge Perspektiven Auch die Fotos sind anders als die üblichen Hochglanz-Bilder und zeigen so manches…
Die Italienerin Nicoletta Verna hat bisher Sachbücher geschrieben. „Der Wert der Gefühle“ ist ihr Romandebüt. Und das ist ziemlich aufregend: Sie sind ein glamouröses Paar, die schöne Bianca und der erfolgreiche Herzchirurg Carlo. Doch sind sie auch glücklich? Zumindest bei Bianca, der Ich-Erzählerin in Nicoletta Vernas verstörendem Roman, kommen schnell Zweifel auf. Was hat es auf sich mit ihrem Zwang, Abfälle zu sortieren? Oder Dinge zu kaufen, um sie im Müll zu entsorgen? Das Drama ihres Lebens Nicoletta Verna gibt immer wieder kleine Hinweise auf ein Drama, das Biancas Leben überschattet – es ist der Tod ihrer bewunderten Schwester Stella. Doch warum das so ist und wie die 14-jährige Stella gestorben ist, das enthüllt sich den Lesenden nur ganz allmählich. Der Tod und seine Folgen Dafür erfahren sie, dass Biancas Mutter nie über den Tod ihrer älteren Tochter hinweg gekommen ist, dass der Vater die trauernde Familie verlassen hat, dass Bianca kaum Freunde oder Freundinnen hat. Außer Liliana, die engste Freundin Stellas, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie macht ihr Handicap allen anderen zum Vorwurf und scheint eine sadistische Freunde dabei zu empfinden, Bianca mit Erinnerungen an ihre tote Schwester zu quälen. Und dann wäre da noch die selbstgefällige…
Baret Magarian wurde in London geboren, hat armenische Wurzeln und lebt in Florenz, er hat als Journalist, Schauspieler, Theaterleiter und Aktmodell gearbeitet, hat Persönlichkeiten wie Salman Rushdie oder Peter Ustinov interviewt und sich seit Schulzeiten als Autor versucht. Auch diese Erfahrungen münden wohl in den surrealistischen Roman „Die Erfindung der Wirklichkeit“ – zugleich Medienschelte und Gesellschaftssatire. Zwei Männer, ein Plan Im Mittelpunkt stehen zwei höchst ungleiche Männer: Der Autor Daniel Bloch, ein Mann in der Midlife-Krise, der an einer Schreibblockade leidet und auf der Suche nach Intuition ist. Und der junge Oscar Babel, scheinbar ein geborener Looser, der als Filmvorführer arbeitet, nachdem er sich erfolglos als Maler versucht hat. Dann kommt Bloch die Idee: „Ich könnte eine Geschichte über dich schreiben“, sagt er zu Oscar. „Ich würde mir gern ein anderes Leben für dich ausdenken. Eine Parallelwirklichkeit. Ich könnte eine mögliche Zukunft in Worte meißeln.“ Scheinwelt der Social Media Gesagt, getan. Was dann passiert, erschreckt den Autor zu Tode: Oscars Leben passt sich Blochs literarischen Skizzen an. Es beginnt mit einer Katze und führt geradewegs hinein in die Scheinwelt der Social Media. Und während Bloch dem eigenen Projekt immer ängstlicher gegenüber steht – „Weißt du, dass Kunst töten kann?“ hatte…
Massimo Carlotto ist nicht nur einer der bekanntesten italienischen Kriminalschriftsteller, er kennt sich auch aus im Milieu. War er doch selbst für längere Zeit Häftling, ehe er vom Präsidenten begnadigt wurde. Das hat seine Einstellung gegenüber der wuchernden Kriminalität im Land der Mafia geprägt. Auch der neue Roman „Und es kommt ein neuer Winter“ ist Ausdruck seiner Skepsis, dass sich daran etwas ändern könnte. Außer Kontrolle Der erfolgreiche Immobilien-Unternehmer Bruno Manera aus der Stadt ist nach der Heirat mit der wesentlich jüngeren Federica in ihr Dorf gezogen. Doch dort wird er nie Wurzeln schlagen. Nicht nur die alteingesessene Familie seiner Frau lehnt ihn ab, das ganze Dorf ist gegen ihn. Die vom Liebhaber seiner Frau geplante und bezahlte „Abreibung“ gerät außer Kontrolle. Tödliche Kastanien Dem ersten Mord folgen weitere. Und das Dorf hüllt sich in verhängnisvolles Schweigen. Jeder und jede könnte Täter sein, hätte ein Motiv. Auch der örtliche Maresciallo hat kein echtes Interesse an einer gründlichen Aufklärung. Dass es am Ende doch noch den lange unauffälligen Strippenzieher erwischt, hat mit einer Frau zu tun, die ihre Familie retten will. Und mit „Marrons glacés“, eingelegten Esskastanien. Minimalistischer Stil Dass der Genuss dieser aufwändig hergestellten Spezialität tödliche Folgen haben kann, wird…
Der Ozean ist eine Welt für sich, geheimnisvoll, scheinbar grenzenlos und extrem gefährdet. Denn durch menschliche Eingriffe verändern sich die Weltmeere, das Wasser erwärmt sich, der Sauerstoff nimmt ab, Tiere sterben aus. Die Folgen können auch die Existenz der Menschheit bedrohen. „Unser Leben hängt vom Meer ab, die Gesundheit und die Zukunft des Meeres von uns“, schreibt die Meeresbiologin Mariasole Bianco im Vorwort zu ihrem Buch „Planet Ozean“. Sagenumwobene Tiefsee Sie will die Menschen für die Schönheit und die Gefährdung des Meeres sensibilisieren und nimmt sie mit in die Sagen umwobene Tiefsee mit Vulkanen, Wasserfällen und einer Vielfalt von Lebewesen. Nach der Dämmerzone, einer Wunderwelt mit leuchtenden Würmern, Quallen und Fischen, geht es in die „tiefsten Tiefen“, die bis hinunter auf 11 000 Meter reichen. Dorthin, wo im Ozean ewige Dunkelheit herrscht und „Meeresflocken“ zu einem Fest für Tiere werden, die in dieser lebensfeindlichen Umwelt existieren. Die Plastik-Gefahr Perfekte Symbiosen. Und doch ist es dem Menschen gelungen, das natürliche Gleichgewicht zu zerstören – allein durch Plastikmüll. Jedes Jahr gelangen etwa acht Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane, „das ist so, als ob jede Minute ein Müllwagen seine Ladung ins Meer schütten würde“. Noch schlimmer sind Mikroplastik-Partikel, wovon es heute in…
Auf den Bergen lebt die Freiheit. Vom Berg herab wirkt die Welt anders, kleiner. Die Alltagsprobleme relativieren sich. Nicht nur deshalb hat sich der zum Menschenfeind gewordene Ich-Erzähler in Ivica Prtenjacas Roman „Der Berg“ für eine Auszeit als Brandwächter in einer Karaule (Wachhütte) auf einer kroatischen Insel entschieden. Ekel an der Zivilisation Die Kunst- und Verlagsszene mit ihren Eitelkeiten und Intrigen ekelt ihn an, die Menschen ekeln ihn an. Wohl fühlt er sich allein in Gesellschaft des altersschwachen Esels Visconti und später auch einer herrenlosen Hündin. Er erinnert sich an Ereignisse in seiner Kindheit, denkt über sein Leben nach. Weitab der Zivilisation, die er durch sein Fernglas, das er Auge nennt, beobachtet, versucht der Mann, wieder Tritt zu finden in seinem Leben. Begegnungen am Berg Die ewig gleichen Rundgänge am Berg haben etwas Meditatives. Die Begegnungen mit den Einheimischen und ihren Tragödien erden ihn. Doch am Berg muss er sich auch mit Touristen auseinandersetzen, mit verirrten Bikern, seltsamen Sinnsuchern und modernen Pilgern. Lob der Einsamkeit Trotzdem ist seine Einsamkeit umfassend, sie macht ihn zu einem neuen Menschen: „Meine Einsamkeit berauscht mich geradezu. Ich bin eins geworden mit diesem Berg, mit der Karaule, mit dem Wald,den Wegen und den Tieren. Ich…
Giancarlo de Cataldo, 1956 im italienischen Tarent geboren, ist Richter am Berufungsgericht in Rom und erfolgreicher Romanautor. Seine intime Kenntnis der römischen Gesellschaft hat ihn zu einem misstrauischen Zeitgenossen gemacht. Mit Argwohn beobachtet der die Unterwanderung demokratischer Strukturen durch Kriminelle. Auch im neuen Krimi „Alba Nera“ bildet diese Gemengelage das Gerüst für eine Mordsgeschichte um osteuropäische Huren, mächtige Bosse und intrigante Emporkömmlinge. Parallelen zu einem alten Fall Alles beginnt mit zwei Straßenjungs, die über das Schicksal eines Mädchens streiten, das nach der japanischer Fesselkunst Shibari mit bunten Seilen zu einem Paket verschnürt ist. Töten oder leben lassen? Die hinzu gerufene Polizei stellt alsbald Parallelen zu einem Mord fest, der vor zehn Jahren Aufsehen erregt hat und den die drei Jung-Polizisten Alba Doria, Sax und Gianni, genannt Biondo, gemeinsam gelöst haben. Die Last der Vergangenheit Der neue Fall bringt die drei Freunde wieder zusammen. Doch sie sind nicht mehr die selben wie vor zehn Jahren. Sax ist inzwischen mit der Tochter des mächtigen Geheimdienstbosses Cono verheiratet und Vater einer Tochter. Die schöne Alba ist gekennzeichnet von einer „dunklen Triade“, einer Mischung aus Narzissmus, Soziopathie und Macchiavellismus, die mit einer kühnen Rücksichtslosigkeit einhergeht, wie sie etwa James Bond zu eigen ist. Und…
Da hat Massimo Carlotto ein ganz besonderes Trüppchen für seinen Roman „Die Frau am Dienstag“ zusammengebracht. Es sind Menschen, die in unserer Gesellschaft aus der Norm fallen: Der an Parkinson erkrankte Pornostar Bonamente, der alte Transvestit und Pensionsbesitzer Alfredo und Nana, die Prostituierte, der ein Mord zur Last gelegt wird. Freunde in der Not Nana sucht jeden Dienstag bei Bonamente sexuelle Befriedigung, mehr will sie nicht von ihm. Doch Bonamente hat sich verliebt in seine Dienstagfrau, und als sie in Not gerät, weil nicht nur die Polizei ihre Vergangenheit gegen sie verwenden will, steht er ihr bei. Ohne Wenn und Aber. Auch Alfredo will da nicht zurückstehen und überwindet sich zu einem mutigen Eingreifen – mit Folgen. Kein Recht auf Vergessen Zunächst sieht alles gut aus, fast so, als könnten Nana und ihr Gigolo im Haus von Alfredo auf gemeinsames Glück hoffen. Doch die Vergangenheit holt Nana wieder ein. Nur gut, dass sie in einem geheimnisvollen Verehrer, dem Cowboy, einen ebenso tatkräftigen wie klarsichtigen Unterstützer hat. Er verhilft seiner Freundin zur Flucht aus der Sackgasse, in die sie sich manövriert hat. Denn die Öffentlichkeit und die Polizei, davon ist der Cowboy überzeugt, gewähren Menschen wie ihr kein Recht auf Vergessen….