„Wie die Saat, so die Ernte“ heißt Donna Leons neuester Brunetti-Roman, der sich schon seinen Platz auf der Spiegel-Bestsellerliste gesichert hat. Dabei hat es Donna Leon schon längst aufgegeben, ihren Commissario Brunetti auf die übliche Art ermitteln zu lassen. Sind ihre Krimis schon lange viel mehr als Kriminalromane, sie sind Gesellschaftskritik, Zeitbild und Familienroman. Denn die Lesenden begleiten den Commissario auch beim Älterwerden. Und je älter er wird, umso mehr erinnert er sich an seine Jugend. Blick zurück So erfährt man von Buch zu Buch mehr über den Commissario, der sich mit Paolo in die höheren Kreise Venedigs eingeheiratet hat. Dass Brunetti aus kleinen Verhältnissen stammt, weiß man inzwischen. Dass er seine Mutter sehr geliebt hat, auch. Doch wie verlief seine Jugend in den revolutionären Zeiten der Roten Brigaden? Die Zeit der Roten Brigaden Antwort darauf gibt der Donna Leon in diesem Roman. Am Anfang steht ein toter Mann aus Sri Lanka, den Brunetti anlässlich einer Immobilien-Recherche kennengelernt hat. Er wurde erstochen. Auf der Suche nach dem Täter – die Schwere der Verletzungen deutet auf einen Mann hin – stößt Brunetti in der Wohnung des Toten auf ein Konvolut von Zeitungen aus der Zeit der Roten Brigaden. Erinnerungen kommen auf…
Es sind immer weniger die üblichen Krimis, die aus der scheinbar unversiegbaren Feder von Donna Leon fließen. Auch Brunettis 31. Fall „Milde Gaben“ beschäftigt sich intensiv mit dem, was der Autorin schon seit Jahren am Herzen liegt – Gesellschaftskritik. Die Folgen von Corona Venedig ist dabei, die Pandemie abzuschütteln. Doch die Stadt hat gelitten, viele Läden bleiben geschlossen. Doch während Corona manche in den Ruin trieb, haben andere profitiert. Brunetti hat viel Zeit, sich Gedanken über die abstrusen Folgen der Pandemie zu machen und sich seinen Klassikern zu widmen. Auch das Verbrechen scheint zu pausieren. Die Freundin, die keine war Und dann bittet ihn eine alte Freundin um Hilfe, die in Wirklichkeit gar keine Freundin war, wie Brunetti sich widerwillig erinnert. Der Commissario muss nur zurückdenken an seine ärmliche Kindheit. Und so erfahren die Lesenden erstaunlich viel aus Brunettis Leben vor Paola. Von den beengten Verhältnissen, in denen er zusammen mit seinem älteren Bruder aufwuchs. Vom Vater, der seit der Heimkehr aus dem Krieg immer seltsamer wurde, und von der geliebten Mutter, die im Alter dement wurde. Keine Lösung und viele Fragen Es sind teilweise schmerzvolle Erinnerungen, denen sich Brunetti in diesem Fall stellen muss. Nach vielen Verwicklungen wird klar,…
Bei Donna Leon rechnet man schon lange nicht mehr mit einem deftigen Krimi. Auch Brunettis 27. Fall macht da keine Ausnahme. Ja, es kommt ein Opfer vor. Aber lange wissen weder Brunetti noch die Leser wie der harmlose Buchhalter zu Fall gekommen ist. Der neue Fall reicht bis ins Privatleben Viel mehr Raum als die Ermittlungen in diesem Fall, der noch dazu das Privatleben des Commissario berührt, weil die Frau des Opfers mit Brunettis Ehefrau Paola befreundet ist, interessieren in diesem Buch der Alltag im von Touristen überrannten Venedig, das erstaunlich stabile Privatleben der Brunettis, die Intrigen rund um den Vize-Questore Patta, die Widersprüche in der Gesellschaft oder auch die Rolle der ebenso attraktiven wie rätselhaften Signorina Elettra, deren Schönheit nur vergleichbar ist mir der von Claudia Griffoni, der temperamentvollen Neapolitanerin. Beide Damen übrigens Brunetti herzlich zugetan. Wer versucht hier wen? So könnte der Titel „Heimliche Versuchung“ auch auf mögliche Techtelmechtel des Familienvaters mit einer der beiden Schönheiten hinweisen. Da legt Donna Leon gekonnt eine Fährte, die in die Irre führt. Eigentlich es geht um ganz andere Dinge, oberflächlich banale Unregelmäßigkeiten, die dem Staat viel Geld kosten. Wie entscheidet sich der Staatsdiener Brunetti? Für die Menschlichkeit oder für die Staatstreue?…