„Ich dachte immer noch es gäbe so vieles nachzuholen, so vieles zu erklären, noch lebte er, aber das war das Furchtbare an seinem allmählichen Entgleiten, dass es zu spät war.“ Frieda hat ihre berufliche Laufbahn als Geschichtslehrerin beendet, ihr Vater Theo ist am Rand des Todes. Zeit für eine Annäherung. Davon erzählt Anna Mitgutsch in ihrem neuen Roman, dem zehnten, den diese außergewöhnliche Autorin veröffentlicht hat. Auch hier legt sie den Finger in die Wunden und lässt trotzdem ihren – oft schwachen – Charakteren ihre Würde. Das gelingt ihr, indem sie die Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt, aus der Perspektive der lange zurückgewiesenen Tochter und aus der des allwissenden Erzählers, der die Geschehnisse objektiviert. Entfremdete Familie Friedas Besessenheit, die Wahrheit über die Rolle ihres Vaters bei den Kriegsgräueln der Wehrmacht zu erfahren, hat ebenso zur Entfremdung zwischen Vater und Tochter beigetragen wie die allzu schnelle Heirat des Vaters nach dem Tod der Mutter und die hasserfüllte Eifersucht der neuen Frau, Berta, auf die widerspenstige Tochter. Berta zwingt den willenlosen Theo, den Kontakt zu Frieda abzubrechen. Doch als der Mann hinfälliger wird, lässt sie widerwillig einen neuen Versuch der Annäherung zu. Ein Jahrhundert in Jahreszeiten Mitgutsch hat ihren Roman in fünf…