Ein Sonnenuntergang am Strand ist für viele Deutsche das „Allerromantischte, was ein Paar unternehmen kann“ schreibt Stella Bettermann in ihrer „Gebrauchsanweisung für den Strand“. Auch der „schneeweiße Puderzuckersand“ verzücke die meisten. Billig ist der allerdings nicht zu haben. Schon gar nicht so günstig wie der Isarstrand, an dem die Autorin wohnt.
Strände als Idealbild
Aber dafür muss sie auch nicht ins Flugzeug steigen oder ins Auto und damit die Umwelt schädigen, um zu ihrem Strand zu gelangen. Von daher ihr Vorschlag: „Wahrscheinlich müssen wir uns also angewöhnen, Strände eher als Idealbild zu verehren und die Uferabschnitte auf Amrun, Kreta oder den Malediven öfter von unserer Anwesenheit zu verschonen.“
Alles über den Strand
Oder man liest ihre Gebrauchsanweisung für den Strand, amüsiert sich über die „Historie des Strandbesuchs“, die bis an die Antike und womöglich noch weiter zurück reicht, reist mit ihr zu berühmten Stränden und zum Eisbach in München, wo früher die Nackerten Schaulustige anlockten und heute die Surfer. Und dann die Bücher über den Strand, die Filme und Serien, die Strandmusik, auch die Mode!
Mega-out und Mega-in
Wie die Kleidung, davon ist Bettermann überzeugt, sind auch die Strände der Mode unterworfen. Acapulco etwa, in den 1950er und 60er-Jahren ein Sehnsuchtsziel, ist heute wegen der grassierenden Kriminalität „mega-out“, mega-in dagegen sind „Insta-Strände“ wie die Cala Saladeta auf Ibiza oder der Rai Leh Beach auf Krabi in Thailand. In ihrem „Beach-Guide“ gibt es aber auch Strände für Familien, für Backpacker oder Digitale Nomaden.
Teures Strandfeeling
Und was genießt man am Strand neben dem allgegenwärtigen Aperol Spritz oder Bacardi Feeling? In Deutschland und Osteuropa gerne Barbecue, in England Picknick. Weil Strandfeeling meist mit Urlaubsreisen einher geht, kann es ziemlich teuer werden. An der Liebe zum Strand verdienen nicht nur die Strandverkäufer und die Sonnenschirmvermieter, sondern auch Airlines und Reiseveranstalter – und das nicht zu knapp.
Schattenseiten
Doch während die einen am Strand das Glück finden, suchen die anderen dort nur die Rettung. Bettermann klammert in ihrem Buch die Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer nicht aus. Ebenso wenig wie Terrorangriffe an Stränden. Wenn man vom Strand spreche, müsse man die ganze Wahrheit ausleuchten, „um sein Wesen zu erkunden“, ist sie überzeugt: „Jenseits der touristischen Prospekte, dort, wo das echte Leben sich abspielt, ist er leider nicht nur ein schöner, heiler Ort. Er kann auch ein Friedhof sein.“
Sandraub und Plastikmüll
Und zu allem Überfluss führt Sandraub dazu, dass immer mehr (Natur)Strände gefährdet sind, während (Kunst)Strände wachsen. Hinzu kommt das Problem des Plastikmülls im Meer, der sich nicht nur zu ganzen Inseln türmt, sondern als Mikroplastik auch das Leben der Meerestiere bedroht. Keine guten Aussichten für den Strand. Womöglich haben wir ihn zu Tode geliebt, argwöhnt die Autorin.
Strandglück ohne Puderzuckersand
Was also tun, um trotz allem das Glücksgefühl zu erleben, das Meeresrauschen verspricht? Nachhaltig reisen ist eine Option, die andere wäre, sich mit einem Strand in der Nähe zu begnügen – Stadtstrände etwa gibt es in allen größeren Städten. Auch Flüsse und Seen versprechen Stranderlebnisse – allerdings ohne Puderzuckersand.
Info Stella Bettermann, Gebrauchsanweisung für den Strand, Piper, 210 S., 16 Euro
Keine Kommentare