Er ist schon ein bisschen unbeholfen, dieser Sörensen. Aber das macht den KHK im fiktiven Städtchen Katenbüll erst so richtig sympathisch. Es menschelt ordentlich in den Krimis von Sven Stricker, der für seinen Krimi „Sörensen hat Angst“ für den Glauser-Preis 2017 nominiert war.
Viel um die Ohren
Jetzt also: Sörensen sieht Land. Doch bis es soweit ist, dauert es gute 500 Seiten. Denn der schnellste ist der Kriminalhauptkommissar nicht, zumal er sich auch noch um seinen krebskranken Vater kümmern muss. Und dann ist da auch noch die KOKin Jennifer, für die Sörensen schon ein Quäntchen mehr empfindet als Kollegialität. So richtig zusammen kommen die beiden aber trotzdem nicht.
Harmlos oder nicht?
Denn da kommt was Ungeheures dazwischen – eine Amokfahrt bei einem Stadtfest. Tote, Verletzte, darunter auch Sörensens Vater – und mittendrin der ehemalige Praktikant Malte, der Halter des Wagens. Sörensen mag nicht glauben, dass der harmlose junge Mann zum Amokfahrer geworden war. Und was ist mit der jungen Frau, Swantje, mit der er unterwegs war?
Sehnsucht nach Leben
Sven Stricker lässt die 21-Jährige, die vom Leben bisher nicht gerade verwöhnt wurde, in Tagebucheinträgen zu Wort kommen. Hass war bei ihr schon da – auf diejenigen, die nicht so hinterwäldlerisch aufgewachsen waren wie sie. Die hübscher waren, beliebter. Aber auch eine große Sehnsucht nach Leben, nach Liebe, nach Feiern.
Verwöhnte Bürgersöhnchen
Nein, Swantje, die ihr Leben lassen musste, als das Auto an einen Baum prallte, kommt als Täterin wohl nicht infrage, denkt Sörensen. Wer dann? Bald stellt sich heraus, dass das Pärchen nicht allein im Auto saß. Mit dabei der Sohn der Bürgermeisterin, Lukas, und der Sohn des örtlichen Immobilienhais, Fabian. Dabei waren die beiden reichen Bürgersöhnchen alles andere als Freunde von Malte. Und sie hatten wohl Drogen dabei, K.o.-Tropfen. Denn keiner konnte sich so recht erinnern, was passiert war.
Viele Verdächtige
Sven Stricker entwirft das Bild einer Kleinstadt, in der alle mit allen verbandelt sind. Nur Sörensen nicht, der ist so etwas wie ein Fremdkörper, deshalb kann er auch jede und jeden verdächtigen. Das tut er auch, ausgiebig, und es dauert, bis ihm dämmert, wer wirklich das Todesauto gelenkt hat. Aber dann sieht er tatsächlich Land.
Polizeirevier ohne Helden
Es ist die leicht verhuschte Sprache von Sörensen, die Strickers Krimis so besonders macht. Es sind die schrägen, manchmal auch sinnlosen Dialoge, für die der Autor seinen Zeitgenossen aufs Maul geschaut hat. Und es ist – natürlich – dieser emotional überforderte KHK, den man am liebsten schütteln und dann umarmen möchte. Aber zum Helden taugt Sörensen ebenso wenig wie seine Mitarbeiter, der eine am Rand der Demenz, der andere chronisch träge. Ein Polizeirevier mit ganz normalen Menschen eben ohne den Furor von Tatort-Ermittlern. Eine Wohltat.
Info Sven Stricker. Sörensen sieht Land, rororo, 505 S., 12 Euro
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