Moa Herngren hat mit ihrem Roman „Scheidung“ in Schweden einen Bestseller gelandet. Wahrscheinlich auch deshalb, weil viele Lesende die Problematik kennen und sich im Roman wieder erkennen. Wie heißt es immer so schön: Es gehören immer zwei dazu, wenn eine Partnerschaft nicht funktioniert. Das ist auch bei Bea und Niklas nicht anders – auch wenn Bea es nicht wahrhaben will.
Trautes Heim, Glück allein?
Hat sie nicht immer alles getan, um Mann und Töchtern ein schönes Heim und ein harmonisches Familienleben zu verschaffen? Und Niklas? Was hat er schon dazu beigetragen? Ja, ohne sein Gehalt als Kinderarzt könnten sie sich die luxuriöse Wohnung, die Reitstunden für die eine Tochter und so manche Extra-Ausgabe nicht leisten. Dafür hat sie der Familie zuliebe auf eine eigene Karriere verzichtet und begnügt sich mit einer eher bescheidenen Entlohnung beim Roten Kreuz.
Mehr als eine Midlife-Crisis
Moa Herngren lässt Bea als erste zu Wort kommen, ihren ganzen Frust ablassen. Doch die journalistisch versierte Autorin weiß, dass es zwei Wahrheiten gibt. Und deshalb darf Niklas auch ausgiebig seinen Standpunkt klarstellen. Warum will er nach einem eigentlich lächerlichen Streit raus aus der Beziehung? Da ist mehr dahinter als die übliche Abnützung in einer langen Ehe oder eine Midlife-Crisis. Niklas ist ausgebrannt, fühlt sich auch von Bea überfordert, genauso wie von seinen Eltern. Und dann ist da eine Frau, die ihm zuhört, ihn nicht ständig fordert.
Neue Perspektiven
Der Roman geht im klassischen Er-sagt-sie-sagt-Stil weiter. Und dabei verliert Bea zunehmend an Empathie, während das Verständnis für Niklas wächst. Zumal er mit der Überforderung in einem kollabierenden Gesundheitswesen konfrontiert ist. Am Ende kommt es zur Scheidung, und da zieht Bea den Kürzeren: Sie verliert den Mann und die Wohnung und muss sich einschränken. Er hat die neue Frau, letztlich auch die Töchter und eine neue berufliche Perspektive. Allerdings lässt Moa Herngren zum Schluss auch Bea eine Aussicht auf eine bessere Zukunft – in der Selbstständigkeit.
Moa Herngren seziert in ihrem Roman die Lebenslügen eines Paares und zeigt überdeutlich, wie zwei Menschen nebeneinander herleben können, ohne einander wirklich zu kennen.
Info Moa Herngren. Scheidung, Kein & Aber, 399 S., 24 Euro
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