Zuallererst: Danny Wattins Roman Davids Dilemma ist kein ganz unproblematisches Buch. Der Inhalt könnte Vorurteile bestärken. Vorurteile gegen Juden. Denn der Ich-Erzähler David kommt aus einer jüdischen Familie. Das hat bisher niemanden interessiert, weil er in der Klasse kaum auffiel, ein Loser halt wie sein pickeliger Freund Micke. Und aus nichtigem Grund, weil er keine Lust auf Sport hat, beruft er sich auf sein Judentum – mit ungeahnten Folgen.
Plötzlich sichtbar
Plötzlich ist David sichtbar, ein Junge in der Pubertät, der für Mädchen schwärmt, die er nicht haben kann und die eine, die ihn anhimmelt, verachtet. Zu dick, zu langweilig. So richtig sympathisch ist dieser David nicht. Ein Lügner, der sich vor echten Auseinandersetzungen drückt – auch in der Familie. Ein Feigling, der lieber mit der Menge schreit – in dem Fall mit den Palästina-Aktivisten.
Zwischen allen Fronten
Doch dann kommt es knüppelhart für David. Die umschwärmte Maja will ihn für ihren antisemitischen Protest gewinnen und weckt in ihm die Hoffnung auf die Erfüllung seiner Schwärmerei. Aber da ist auch der große Bruder seines Intimfeindes, ein Nazi-Schläger. Er und seine Faschisten-Freunde wollen David für sich vereinnahmen – als Alibi-Juden. Um zu zeigen, wie ernst es ihnen ist, prügeln sie Micke krankenhausreif und bedrohen Davids Familie.
Harte Schule
Der Junge ist wirklich nicht zu beneiden, und allmählich bekommt man echt Mitleid mit ihm, auch wenn er den Belohnungsfick mit Maja noch schnell mitnimmt, ehe er einen Weg aus dem Dilemma sucht. Den findet er nur, nachdem er die Familie in sein Schlamassel eingeweiht hat. Und plötzlich löst sich der Knoten, David ist durch eine harte Schule gegangen, aber er hat gelernt, sich selbst zu akzeptieren.
Drastische Sprache
Das Ganze spielt in Schweden in den 1980iger Jahren, was auch erklärt, warum im Buch Body Shaming oder Homophobie soviel Platz einnehmen können. Da ist die Rede vom „hässlichen Bengtson“, der dicken Cissi oder von Schwuchteln und Schwulenkuscheln. Der Verlag weist in einer „Content Note“ explizit darauf hin, dass die drastische Sprache nicht der heutigen Zeit entspricht. Auch Autor Danny Wattin erklärt sich in einem Vorwort und schreibt, dass der Roman auf den tatsächlichen Erlebnissen des echten David beruhe.
Schwarzer Humor
Angepriesen wird „Davids Dilemma“ als schwarzhumoriger Roman über Antisemitismus. In der jüdischen Kultur, die den langen Leidensweg und die Verfolgung der Juden seit Jahrhunderten begleitet, ist schwarzer Humor fast überlebenswichtig. Die Frage ist, ob und wie jugendliche Lesende damit umgehen können. Aktuell ist das Buch in der heutigen aufgeheizten Stimmung auf jeden Fall.
Info Danny Wattin. Davids Dilemma, Aus dem schwedischen von Susanne Dahmann, Loewe, 288 S., 14,95 Euro, ab 14
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