Meditatives Strandsammeln

25. März 2024

Die Strandsammlerin ist Sally Huband und so heißt auch ihr Buch, in dem sie über ihr Leben auf den Shetland-Inseln erzählt. Nach ihrer Heirat und der Geburt ihrer zwei Kinder hat Sally nach einem neuen Lebensinhalt gesucht. Die Arbeit bei einer Naturschutzbehörde hatte sie aufgeben müssen. Aber nur Mutter zu sein befriedigte die engagierte Naturschützerin und überzeugte Feministin nicht.

Eine dicke Schicht Plastikmüll

So entdeckt sie das „Beachcombing“, das Strandsammeln. Dabei geht es nicht darum, möglichst viele Strände zu sammeln, also zu besuchen, sondern darum, was man an den Stränden findet. Vor allem Plastik, das muss auch Sally erkennen: „Ein Ende des Strandes war mit einer dicken Schicht von angespültem Plastikmüll bedeckt“, schreibt sie: „Ich fand das abstoßend, aber Martin marschierte direkt auf den Müll zu und bückte sich, um einen gebogenen Plastikstreifen aufzuheben, auf den ein Code gedruckt war – damit wurden Hummerfallen aus Neufundland oder Labrador gekennzeichnet, wie er mir erklärte.“ Martin Heubeck koordinierte die Registrierung der gestrandeten toten Vögel, die meist an Plastik elendiglich zugrunde gingen – und Sally findet eine neue Aufgabe.

Die sagenhafte Seebohne

Doch an den Stränden entdeckt sie nicht nur Unmengen von Plastik, sondern auch Schätze aus der Natur wie Treibsamen. Sally, die sich auf Shetland in die Sagenwelt und in die Welt der Seevögel und Seehunde eingelesen hat, will eine Seebohne entdecken, die als Glücksbringer gilt. Schon im Mittelalter galten die Samen, die durch die Meeresströmung aus tropischen Gefilden an die Küsten Europas getragen werden, als Zaubermittel. Und Sally hofft, dass eine Seebohne ihr bei der Bewältigung ihrer Krankheit helfen könnte.

Neue Erfahrung auf Texel

Mit ihrer Begeisterung für das Sammeln von Strandgut hat sie Mann und Kinder infiziert. Die ganze Familie liebt es, an den Stränden besondere Schätze zu suchen. Farbiges Meerglas, Relikte havarierter Schiffe, Feuersteine, Flaschenpost. Und Sally gewinnt über ihre Sammel-Leidenschaft neue Freunde, die wie sie dem „Beachcombing“ frönen. Zum Beispiel auf der niederländischen Insel Texel, wo es sogar eine offizielle Einrichtung für Strandgutsammler gibt. Doch für sie selbst ist das Sammeln von Strandgut mehr, eine Art Andacht an das Leben.

Trost aus der Natur

Über ihr Hobby ist sie den Seevögeln näher gekommen, den Robben und den Seehunden – und den Geschichten über Mischwesen zwischen Mensch und Tier. Auch darüber schreibt sie in ihrem Buch ebenso wie über frühere Zwangsumsiedelungen von Inselbewohnern, die drohende Zerstörung der Insel-Vegetation durch Windräder und über die Auswirkungen des Klimawandels.
Sally Huband ist eine genaue und kritische Beobachterin, die mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hält. Ihr Buch ist auch eine sehr persönliche Erzählung über die eigenen Befindlichkeiten, über Frustration, Schmerzen und Niedergeschlagenheit aber auch über Glück, Lebensmut und den Trost aus der Natur. Eine fast philosophische Einladung zu einer Tour über die Inseln im Meer.

Info Sally Huband. Die Strandsammlerin, DuMont, 348 S., 18,96 Euro

 

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