Ganz klar, dieser Valentino ist der italienische Bruder von Philip Marlowe, Chandlers legendärem Privatdetektiv. Schon mit dem Titel „Schwarz wie das Herz“ verweist Autor Giancarlo de Cataldo auf das Vorbild der schwarzen Krimis. Ich-Erzähler Valentino ist zwar kein Privatdetektiv sondern Anwalt, aber wie Marlowe zwar aufrecht aber ziemlich verlottert. Ein harter Kerl, der gern billige Zigarren raucht und schöne Frauen mag, aber keine Kompromisse macht, wenn es um seine moralischen Grundsätze geht.
Ein aufrechter Held
Und wie Marlowe geht Valentino aufrecht seinen Weg in einer von Korruption geprägten Welt, in der schwarze Leben weniger gelten als weiße, arme Menschen weniger wert sind als reiche. Ohne seine Unterstützer aus der Szene wäre Valentino schon längst gescheitert. Mit ihnen aber gerät er an einen Fall, der ihm alles abverlangt. Auch, weil er lange nicht ahnt, worum es wirklich geht beim Mord an einem Schwarzen. Der hatte Valentino kurz vor seinem gewaltsamen Tod noch um Hilfe gebeten…
Ein gefährliches Netz
Schon aus schlechtem Gewissen lässt sich der Anwalt darauf ein, den Fall näher zu untersuchen. Dabei gerät er ins Netz einer mächtigen römischen Familie, der Alga-Croce. Und trotz aller moralischen Skrupel läuft er Gefahr, darin hängen zu bleiben. Zu verführerisch ist die Vorstellung, mit der schönen Giovanna ein neues Leben zu beginnen. Zu charismatisch ist der Patriarch Noé, zu entzückend das Kind Nicky.
Grausame Wahrheit
Es bedarf einer gewaltigen Willensanstrengung Valentinos, sich aus den Umgarnungen zu befreien und sich der – grausamen – Wahrheit zu stellen. Dass seine Ermittlungen für die einflussreiche Familie keine Folgen haben, war vorauszusehen. Aber immerhin hat sich Valentino trotz der niederschmetternden Erfahrung seine Unbestechlichkeit bewahrt. Vielleicht auch aus Sentimentalität…
Intensiv und explosiv
Giancarlo de Cataldos Roman erinnert auch mit seiner stilistischen Wucht an die amerikanischen Vorbilder. Die Sprache ist hart und schnoddrig, weit entfernt vom woken Mainstream. Politisch inkorrekt ist sein – durchaus gebildeter – Anwalt schon aus Überzeugung. Und manchmal auch leicht sentimental. Der große Andrea Camilleri hat Cataldo als „großartigen Erzähler“ gerühmt. Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass der Roman nicht nur intensiv, sondern auch hochexplosiv ist.
Hineingelesen…
… in Valentinos Weltsicht
An jedem Abend bei Sonnenuntergang bemächtigte sich ein stummer Chor – Schwarze, Inder und Pakistani – des Esquilins, und jeen Abend räumten die Italiener das Feld, damit sich das Leben der unerwünschten Ausländer einsam inmitten einer atemlosen Menge abspielen konnte. In regelmäßigen Abständen verkündete eine Behörde „Nulltoleranz“ und Polizeistreifen räumten den nahen Colle-Oppio-Park. Doch das währte nicht lang. Die Ausländer verzogen sich woandershin. Dann kamen sie zurück. Die Leute hassten sie. Die Mädchen liefen unter das Vordach einer Bushaltestelle, fühlten sich nahezu sicher in der Anwesenheit der Transen, die mit unverdächtigen Familienvätern den Preis für heißen und verbotenen Sex auf dem dunklen Teil der Straße aushandelten.
So ist das Leben. Wer etwas zu verteidigen hat, lebt in der ständigen Angst, der schwarze Mann könnte es ihm wegnehmen. Hin und wieder fragte ich mich, ob meine Solidarität mit ihnen nicht daher rührte, dass ich nichts zu verlieren, nichts zu verteidigen hatte. Ich dachte an Giovanna. Genau. Als ich mich der Illusion hingab, sie … etwas zu verlieren, etwas zu verteidigen zu haben … hatte ich instinktiv Rod misstraut. So ist das Leben. Wir alle müssen einen Kompromiss mit dem rassistischen Arschloch finden, das wir in uns tragen.
Info Giancarlo de Cataldo. Schwarz wie das Herz, folio, 250 S., 22 Euro
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