Kanada öffnet sich wieder für Touristen. Da werden Reiseträume wahr. Doch wie bereist man dieses weite Land am besten? Allein, um mit dem Auto vom Atlantik bis an den Pazifik zu kommen, braucht man schon zwei Wochen. Da ist es besser, vorher zu wissen, wohin man will. Wo ist es am schönsten? An den Niagara Fällen oder in den Rockies, am Eismeer oder an einem der großen Seen? Im französischsprachigen Quebec oder in Vancouver, der Stadt mit der höchsten Lebensqualität der Welt?
First Nations, Goldgräber und Einwanderer
Sonya Winterberg zeigt in ihrem Buch „Gebrauchsanleitung für Kanada“, wo man am gleichen Tag im Meer baden und auf dem Berg Skifahren kann, sie erzählt von den Problemen der First Nations, dem Erbe der Goldgräber und schwierigen deutschen Einwanderern und macht klar, warum Kanada für sie trotzdem das freundlichste Land der Welt ist. Auf einer Reise quer durch Kanada lässt Winterberg die Lesenden teilhaben an ihren Erfahrungen und Vorlieben.
Kurze Geschichte des Hummers
So erfährt man, dass die Kanadier zum hippen Toronto ein ähnlich gespaltenes Verhältnis haben wie die Österreicher zu Wien oder die Deutschen zu Berlin, während die Hauptstadt Ottawa ein beliebtes Ausbildungs- und Kulturzentrum ist. Dass die Kanadische Küche „das Beste aus allen Welten“ in sich vereint. Dass man Hummer, der lange Jahre in den Fischerdörfern als „Arme-Leute-Essen“ galt, am besten in einem „Lobster Shack“ isst, einer Art Imbiss, oder im legendären Shore Club in Hubbards außerhalb von Halifax. Dass es in Montreal die besten Bagels gibt und auf Vancouver Island die beste Nanaimo-Schnitte, einen süßen Riegel mit Nusssplittern, Pudding und Schoko-Glasur.
Musik und Literatur
Und dann die Musik: Leonhard Cohen, Glenn Gould, Celine Dion, Justin Bieber, Alanis Morisette, Blood, Sweat & Tears, Rufus Wainwright – alles Kanadier. Natürlich gibt es auch ein Kapitel über die kanadische Literatur. Schließlich ist Kanada in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Da darf Margaret Atwood nicht fehlen aber auch nicht Marshall McLuhan, Douglas Coupland und schon gar nicht die Buchserie „Anne auf Green Gables“ von Lucy Maud Montgomery, der Weltbestseller von 1908. Ganz nebenbei klärt Winterberg auch auf über Schimpfwörter à la Québécois und über andere sprachliche Abgründe all der vielen Sprachen, die neben Englisch im Land noch gesprochen werden.
Wein und Wildnis
Die kanadische Filmindustrie findet ihren Niederschlag im Buch, der kanadische Wein und die kanadische Wildnis am Yukon. Doch es bleibt ein fast unmögliches Unterfangen, ganz Kanada auf 222 Seiten zu porträtieren. Da braucht es den Mut zur Lücke, und den hat Sonya Winterberg. Dafür, dass sie vieles eben nicht vorstellen kann, geht sie bei anderem in die Tiefe. Das macht ihr Buch abwechslungsreich und spannend – trotz so mancher verzichtbarer Klischees. Und wer sich auf die Reise machen will, findet auch einige Tipps zum Bleiben und Genießen.
Info Sonya Winterberg. Gebrauchsanweisung für Kanada, Piper, 224 S., 15 Euro
Keine Kommentare