„Ich erzähle Geschichten. Ich reise hierhin und dorthin“, wird Anthony Bourdain im Vorwort zum Buch „World Travel“ zitiert. Der 2018 verstorbene Starkoch und TV-Moderator war an allen Ecken und Enden dieser Welt unterwegs. Mit „World Travel“ ist postum ein „gnadenlos subjektiver Reiseführer“ erschienen, eine Hommage an den Genießer Anthony Bourdain und seine Welt mit Essays von Freunden und Familienmitgliedern.
Im Sound des Spitzenkochs
„Braucht die Welt noch einen Reiseführer?“ hatte sich Laurie Woolever gefragt, als sie 2017 mit Anthony Bourdain diese Weltreise in Buchform plante – kreuz und quer über den Globus. Doch nach dem Tod des begnadeten Geschichtenerzählers war die Antwort schnell klar.
Und so entstand „World Travel“, ein Reiseführer durch die Welt Anthony Bourdains mit eher wenigen Basisinformationen. Dafür im typischen Sound des erfolgreichen Spitzenkochs und Globetrotters, der sich immer klar darüber war: „Ich schaue hin. Ich höre zu. Doch am Ende weiß ich: Es ist meine Geschichte.“
Ein Hoch auf Paris
In diesem Sinn führt „World Travel“ von A wie Argentinien („das ist das Reich des Zweifels“) bis V wie Vietnam („das Land hat mittlerweile einen besonderen Platz in meinem Herzen“). Corona spielt noch keine Rolle, und manche Tipps wie die für Hongkong oder Myanmar sind wohl überholt. Ein großes Kapitel ist Frankreich gewidmet: Vor allem Lyon, der Stadt in der „die bedeutendsten Chefköche der Welt wie Pilze aus dem Boden“ schossen. Aber auch Paris, „eine der großartigsten, schönsten, magischten Städte der Welt“.
Null Bock auf Deutsch
Großes Lob zollt der Globetrotter auch dem indischen Rajasthan: „Von allen Orten auf der Welt hat Rajasthan das womöglich größte Herz und die schönsten Sehenswürdigkeiten“. Und dann Italien und Rom („Hier fällt man in Trance.“) oder Japan und Tokio („eine demütig stimmende Erfahrung“) aber auch Kroatien („Weltklasse-Essen, Weltklasse-Wein, Weltklasse-Käse“). Dafür null Deutschland, keine Schweiz und Österreich nur unter Vorbehalt: „Zu jedem Land, in dem man Deutsch spricht, habe ich ein sehr gespaltenes Verhältnis.“
Kritische Rückschau
Dass Bourdains Heimat satte 125 Seiten in dem Buch füllt, macht den 576 Seiten dicken Wälzer für USA-Fans spannend. Doch trotz deutlicher Vorlieben bei den Reisen blieb der weltgewandte Koch bis zuletzt auch sich selbst gegenüber kritisch: „Seit meinem letzten Besuch in Kambodscha habe ich fast jeden Winkel der Werde bereist, aber ich würde nicht sagen – so gern ich das glauben würde – dass ich dadurch irgendwie schlauer geworden wäre. Nach einer Weile verkommt selbst die schönste Landschaft zur Fototapete – zur bloßen Kulisse.“
Versöhnlich fügt Anthony Bourdain hinzu: „Aber manchmal fügt sich dann doch alles zusammen: Arbeit, Spaß, all die Orte, an denen ich schon war oder wo ich jetzt bin, all das verschmilzt zu einem glücklichen, wunderbaren Zustand.“
Info Anthony Bourdain/Laurie Woolever. World Travel, Ullstein exklusiv, 576 S., 25,70 Euro
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