Cryptos ist eine friedliche Welt, eine Welt, in der alle sich auf einander verlassen können. Aber Cryptos ist nicht echt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Ursula Poznanski schildert in ihrem Roman Cryptos eine Welt am Abgrund und nimmt dabei Bezug auf aktuelle Probleme und virtuelle Möglichkeiten.
Mastermind und Weltendesigner
Corona hat den Klimawandel in den Hintergrund gedrängt. Doch es lässt sich nicht übersehen, dass es wärmer und trockener wird. Das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, scheint in weite Ferne gerückt. Wie aber geht es weiter in einer erhitzten Welt? Womöglich so, wie es Ursula Poznanski beschreibt. Da ist die Erde am Ende und ein lebenswertes Leben nur in virtuellen Welten möglich. Solchen, wie sie Jana designt, die Nachwuchshoffnung von Mastermind, der alles beherrschenden Weltfirma.
Unerklärliche Todesfälle
Die jungen Weltendesigner können Venedig aufleben lassen oder das London des 17. Jahrhunderts, sie können Fantasy-Welten entwickeln, Vampir- oder Wettkampf-Welten, Gruseliges und Grausames, Nostalgisches und Zauberhaftes. Als es ausgerechnet in Janas friedlichem Kerrybrook zu unerklärlichen Todesfällen kommt, ist die junge Designerin alarmiert und versucht, den Störfällen auf den Grund zu gehen – und das, obwohl ihre Vorgesetzten sie beurlaubt haben.
Die Taube als Botschaft
Jana stehen am Anfang zwar fast alle Welten offen, sie kann von einer zur anderen switchen und dabei verschiedenen Anschlägen entgehen. Dass sie überallhin eine Taube mit einem Pfeil im Herzen verfolgt, erkennt sie fast zu spät als Botschaft. So gelangt sie ins Lager der Rebellen, die den perfiden Plan der Weltregierung unterlaufen wollen, Milliarden von Menschen auszusortieren.
Hoch spannende Mischung
Ein riskantes Katz- und Mausspiel beginnt, bei dem nicht nur Jana um ihr Leben fürchten muss. Der Name Ursula Poznanski ist ein Garant für eine spannungsgeladene Auseinandersetzung mit aktuellen Problemen. Auch diesmal enttäuscht die Erfolgsautorin aus Wien die Erwartungen nicht. Mit Cryptos liefert sie eine hochspannende Mischung aus Endzeit-Thriller und Second-Life-Fantasy.
Hineingelesen…
… in Planspiele für die Zukunft
„Unsere Strategie bisher war: der Natur ihren Lauf lassen. Das heißt, wir haben bei Überschwemmungen, Erdbeben, Bränden oder Krankheit nicht mehr eingegriffen. Dadurch ist die Todesrate aber nur minimal gestiegen, es war ein Tropfen auf den heißen Stein. Ab jetzt müssen wir das Problem anders angehen.“
Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Drei Milliarden, er hat wirklich drei Milliarden gesagt…
Ich kann spüren, wie mein Magen sich hebt. Lauritz hat ein gewisses Mitgefühl in seine Stimme gelegt, aber das ist nichts als Fassade. Er kalkuliert kalt wie ein Roboter_ Wenn Leichen verbrennen oder ins Meer gespült werden – perfekt. Müssen nicht wir sie entsorgen.
Seine nächsten Worte bestätigen meine Einschätzung.
„Wir müssen natürlich darauf achten, dass die Öffentlichkeit nichts von dieser notwendigen Maßnahme erfährt. Deshalb wird es neben den Personen, die der Zufallsgenerator weltweit auswählt, auch eine Gruppe geben, die ebenfalls in die drei Milliarden einfließen muss.“
Das Bild auf dem Display hinter ihm verändert sich erneut. M – misstrauisch. I – intelligent. N – neugierig. U- unbeeinflussbar. S – sozialromantisch.
Neues Raunen im Publikum. Lauritz deutet auf die Grafik. „Menschen mit dieser Kombination von Eigenschaften könnten für unser Vorhaben das Ende bedeuten. Wenn sie beginnen nachzuforschen, ihre Beobachtungen herum zu erzählen und für Unruhe zu sorgen, bekommen wir schwerwiegende Probleme. Zwei der genannten Wesenszüge sind tolerierbar, bei drei wird es schwierig. Weist jemand vier oder fünf davon auf, müssen wir sicherstellen, dass er ruhig bleibt. „ Sein Blick gleitet über die Reihen der Anwesenden. „Oder sie.“
Info: Ursula Poznanski. Cryptos, Loewe, 448 S., 19,95 Euro, ab 14
Keine Kommentare