Ein türkisches Viertel in Moena,ein Weiler mit zwei Campanili, eine Jeanne d‘Arc des Tiroler Widerstands gegen Napoleon – so kennt man die Dolomiten eher nicht. Giulia Castelli Gattinara hat einen anderen Blick auf die bleichen Berge, seit 25 Jahren Unesco Welterbe und für Reinhold Messner „die schönsten Berge der Welt“.
Über Südtirol hinaus
Die meisten Deutschsprachigen verorten dieses Weltnaturerbe größtenteils in Südtirol. Doch die Dolomiten erstrecken sich auch über die Provinzen Trient, Belluno, Pordenone und Udine. Und so weitet denn auch Giulia Castelli Gattinara den Blick über Südtirol hinaus auf die zerklüfteten Felsnadeln und die Dolomitentäler. Da mag man so manches vermissen wie das Märchen vom Zwergenkönig Laurin und seinem Rosengarten oder die Sagen um die Königstochter Dolosilla und den falschen König im Reich der Fanes, für die Ladiner eine Art Nationalepos.
Bauernmagd und Heilige Kümmernis
Dafür liest man von der „Unbeugsamen Katharina“, einer Bauernmagd, die angeblich mit einer Heugabel die Franzosen zurückdrängte und so zu „einer Art Jeanne d‘Arc des Tiroler Widerstands“ wurde. Oder von der „Heiligen Kümmernis“ in der Lamprechtsburg, einer gekreuzigten Figur mit Bart und Ballerinas, die „zum Symbol des Feminismus wurde“. Man liest von „allzu oft übersehenen Alpinistinnen wie Paula Steger oder Antonia Verocai“, aber auch von Extrem-Abenteurern wie Toni Valeruz, dem keine Abfahrt zu steil sein kann. Oder von Tita Piaz, dem „Teufel der Dolomiten“.
Bilderbücher der Hirten
Tatsächlich offenbaren die 111 Orte vieles, was nicht so bekannt ist: Ein Felsenprofil an der Westwand der Vaglianella, das Kaiserin Sisi ähnelt. Das türkische Viertel in Moena, ein Stück Orient im Trentino, das sich alljährlich Ende Juli selbst feiert, neuerdings nicht mehr unter dem Namen „Festa di Turchia“ sondern als „Festa della associazioni“. Die Hunderte von Jahren alten Bilderbücher der Hirten im Val Rio Bianco im Trentino, Inschriften, die von Liebe und Leid der oft einsamen Hirten erzählen.
Alte Fresken und moderne Architektur
Man liest Geschichten aus alter, aber auch aus neuer Zeit, begegnet interessanten Menschen, Köchinnen und Künstlern, bewundert alte Fresken und innovative Architektur. Der Fotograf Mario Verin hat die 111 Orte, die Giulia Castelli Gattinara beschrieben hat, einladend in Szene gesetzt. Da finden sich ganz bestimmt Anregungen für den nächsten Urlaub in den Dolomiten.
Info Giulia Castelli Gattinara. 111 Orte in den Dolomiten, die man gesehen haben muss, Emons, 240 S., 18 Euro
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