Für Christian Schüle ist das Reisen nicht nur eine Leidenschaft, sondern eine Notwendigkeit. „Weil die Bereisung der Welt lehrt, dass jeder Mensch überall er selbst zugleich ein Fremder ist“, schreibt er im Vorwort zu dem philosophischen Buch „Vom Glück unterwegs zu sein“. Unterwegs war der Autor in aller Welt, wobei es ihm weniger um die Sehenswürdigkeiten oder um Instagram-fähige Fotos ging als um die Begegnung mit anderen Menschen und ihren Sitten. Herausfordernde Begegnungen Bei der Erklärung, warum der Mensch überhaupt aufbricht, beruft er sich auf literarische Vorbilder von Grimmelshausen über Daniel Defoe und Jean-Jacques Rousseau bis Robert Louis Stevenson und Heinrich Heine. „Wer vom anderen nichts weiß, weiß nichts von sich“, ist Christian Schüle überzeugt. Aber diese Überzeugung und die Neugier auf andere bringt ihn hin und wieder auch in schwierige Situationen: Etwa in Äthiopien, wo er nicht weiß, wie er bei einer armen Familie Gast sein kann, ohne die letzten Vorräte zu verbrauchen. Bei Stammesältesten in Afrika, für die es außerhalb jeder Vorstellung ist, Mädchen nicht beschneiden zu lassen. Oder im Gespräch mit einem überzeugten Muslim über die Pflichten der Frauen. Auf Abwegen zum Genuss „Als Europäer hatte man in diesen Momenten kein Recht, auch nur irgendetwas zu sagen“,…
Die Färöer, 18 sturmumbrauste Inseln im Norden zwischen Schottland und Island. Wikingerinseln, auf denen der Alltag zum Abenteuer wird. Zumindest für Anja Mazuhn, die ihren glamourösen Job als Klatschkolumnistin in High Heels gegen ein Leben in Gummistiefeln eingetauscht hat. Bereut hat sie es nicht. Denn auf den Inseln hat sie gefunden, was ihr im Berliner Trubel gefehlt hat – Zeit für sich selbst und den Sinn des Lebens. Hymne auf die Inselwelt Ihr Buch „Meine wilden Inseln“ ist eine Hymne auf die Natur, die auf den Färöern alles andere als lieblich ist. Doch genau das gefällt den Berlin-Aussteigern. Wie Anja Mazuhn fühlt sich auch ihr Mann schnell heimisch in dem Haus in Elduvik, das die beiden kurz entschlossen gekauft haben. Auch wenn der Sturm ums Dach braust und hin und wieder Schafe an die Tür klopfen, wenn die See hohe Wellen schlägt und der Regen die Bäume peitscht, fühlen sich die beiden angekommen in ihrem neuen Leben. Nachbarn werden Freunde Auch dank der freundlichen Nachbarn, die bald zu Freunden werden und die Neuankömmlinge für den Alltag auf den Färöern fit machen. Denn ganz einfach ist die Umstellung von der Klatschreporterin zur Schaf-Friseurin nicht. Doch die Autorin nimmt alle Herausforderungen an,…
Ostsee oder Nordsee? Im Frühling wächst wieder die Lust am Reisen, und viele Urlauber zieht es ans Meer. Dass sich Deutschland mit seinen Küsten und Stränden nicht zu verstecken braucht, zeigt auf 208 aussagekräftigen Seiten der Bildband „Traumküsten in Deutschland“. Wohlfühloasen und Mondpreise Ob die steife Brise an der Nordsee, die Wohlfühloasen im Wattenmeer samt den Halligen, Sonnenuntergänge am Meer, Inseln oder Seebäder – wer sucht, der findet an Deutschlands Ostsee und Nordsee schöne Fleckchen für die Auszeit. Rummel oder Ruhe? Alles möglich: Techno Bässe beim White Sands Festival auf Norderney, Natur pur auf der Klimainsel Juist. Noch mehr Kontraste? Schickeria und Mondpreise auf Sylt (6,3 Millionen kostet das teuerste Haus auf der Insel, ganze 30 Quadratmeter groß in einem 2500 Quadratmeter-Grundstück), Ursprünglichkeit und Dorfidyll am Bodden. Kirchen und Sandburgen Sehenswürdigkeiten? Jede Menge. Backsteinkirchen wie das mächtige Zisterzienserkloster in Bad Doberan aber auch viele kleine Dorfkirchen, die „vor sich hin bröseln“. Schlösser, Leuchttürme und Windmühlen. Großartige Städte wie Lübeck, Flensburg, Rostock. Wind, Weite und Wellen, Strandkörbe und Sandburgen. Künstlerhäuser und Museen, Bäderarchitektur und Ozeanriesen. Tipps und Karten Ganz schön viel für ein Buch. Doch es lohnt sich zu blättern, nicht nur der bunten Bilder wegen, auch, um immer wieder Neues…
Doris Dörrie ist bekannt als erfolgreiche Regisseurin und Drehbuchautorin. Aber sie hat sich auch als Schriftstellerin einen Namen gemacht. Ihr neues Buch heißt „Die Heldin reist“ und beginnt so: „Im Jahr 2019 bin ich in die USA, nach Japan und Marokko gereist. Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass es für längere Zeit die letzten Reisen gewesen sein sollten.“ Mythos Heldenreise Auf 240 Seiten beschäftigt sich Doris Dörrie dann mit dem Mythos der Heldenreise, der bis heute männlich geprägt ist. Was aber ist, wenn Frauen reisen, fragt sich die Autorin. Werden sie auch zu Heldinnen, wenn sie Abenteuer bestanden, Krisen bewältigt haben? Abenteuer und Krisen hat Dörrie bei ihren vielen Reisen so einige bestanden – auch wenn sie sich nicht freiwillig exponiert hat. Sie hat einen Beinahe-Absturz überlebt, Anfeindungen, Belästigungen. „Ich bin nur gereist“ Ist sie deshalb schon eine Heldin? Nein, sagt Dörrie am Ende des Buches: „Ich bin keine Heldin, ich bin nur gereist.“ Und das leidenschaftlich gern. Auch wenn sie so manche Show durchschaut wie etwa in Marrakesch. Der Bucket-List-taugliche Djemaa al Fna ist für sie „eine erschöpfte Inszenierung all dessen, was der Tourist erwartet“. Touristin und Vielreisende Und als Vielreisende weiß sie auch, dass ihre Neugier auf…
„Frankreich ist ein wunderbares Land zum Reisen“, befindet der britische Reiseautor und Campingbusbesitzer Martin Dorey. Mit dem dicken Buch „Take the Slow Road Frankreich“ tritt er den Beweis für seine These an und stellt 26 Reiserouten kreuz und quer durch Frankreich vor – entlang der Küsten, durch die Berge und in die Städte. Soldaten einst und heute Auch die D-Day-Strände in der Normandie sind dabei, und was Martin Dorey in einem der Soldatenfriedhöfe durch den Kopf geht, könnte auch heute wieder für die russischen Soldaten in der Ukraine gelten: „Die meisten Männer, die in Nordfrankreich begraben liegen, waren weit weg von zu Hause. Viele folgten nur ihrer Einberufung, kämpften widerwillig und hatten sicherlich Angst.“ Pfadfinder für Wohnmobilisten Doch Martin Dorey ist kein Kriegsreporter, sondern ein „Pfadfinder“ im wörtlichen Sinn, auch wenn es Straßen sind, die er findet, Straßen für Wohnmobile und Campingbusse. Und da wird er überall in Frankreich fündig. Ob an der Loire, wo ihn und seine Begleiterin die Schlösser faszinieren, in der Champagne, wo die beiden auch den edlen Tropfen schlürfen, in der Provence, wo sie die Lavendelfelder auf Fotos einfangen, oder in der Dordogne, wo sie die Nachbildung der Höhle von Lascaux bewundern: Frankreichs Schönheit überrascht und…
Die Kreuzfahrt hat turbulente Zeiten hinter sich. „Ein Meteorit hat unsere Branche getroffen“, zitiert Franz Neumeier in seinem Buch Jason Liberty, den CEO der Royal Caribbean Group, „und wir haben diesen Einschlag überlebt“. Wie „die Kreuzfahrt auf Grund lief“ und wie der Neustart möglich wurde, das dokumentiert der versierte Kreuzfahrt-Journalist in seinem Buch, das mit dem Titel „Freitag, 13. März 2020“ auf eine fatale Koinzidenz verweist. Kreuzfahrt am Abgrund Für die 200 Seiten hat Neumeier akribisch Fakten und Details zusammengetragen, schließlich ging es 2020 um alles und das, nachdem die Kreuzfahrt Branche mit 2019 eines ihrer erfolgreichsten Jahre abgeschlossen hatte. Die Pandemie traf die Reedereien, die Reiseveranstalter, die Werften. Von heute auf morgen wurde „aus einem Boom ein Abgrund“. Wie schnell das ging, beschreibt der Autor detailreich und spannend, beginnend mit den ersten Corona-Fällen auf der Diamond Princess. Irrfahrten und Shutdown Es folgten Irrfahrten von Kreuzfahrtschiffen mit oder ohne Infizierte an Bord, Schiffs-Stilllegungen, schließlich der Shutdown der Kreuzfahrt weltweit. Das alles weiß man noch in groben Zügen. Doch Neumeier erinnert auch an Tragödien, weil Schiffe mit Tausenden von Menschen an Bord nicht anlanden durften, an die Proteste von Inselbewohnern oder Hafenstädten gegen Kreuzfahrtschiffe und ihre Passagiere. Das liest sich teilweise…
Fernost ist in diesen Kriegszeiten ferner denn je. Putins Krieg in der Ukraine zwingt die Airlines zu – teuren – Umwegen. Aber Träumen wird man auch in diesen düsteren Zeiten noch dürfen – und dabei hilft dieses Buch. „Es gibt Momente, an die man sich ewig erinnert. Erinnerungen, die einem niemand mehr nehmen kann“, schreibt Alexandra Schels im Vorwort zu dem einladenden Bildband Fernweh Fernost, zu dem der Fotograf Patrick Pichler grandiose Naturaufnahmen und eindrucksvolle Porträts beigesteuert hat. Acht ganz unterschiedlicher fernöstliche Länder haben die beiden bereist – und es sind vor allem die großformatigen Bilder, die das Fernweh nach Fernost triggern. Das Besondere im Fokus Dieser Bildband will nicht zum wiederholten Mal die bekannten Sehenswürdigkeiten dieser Länder ins Bild rücken und schon gar nicht die Politik. Den beiden Reisenden geht es um das Besondere, das Originelle. Wie die Stelzenfischer von Sri Lanka, die auf langen Holzpfählen auf ihre Beute warten. Die Einbein-Fischer vom Inle-See in Myanmar, deren besondere Rudertechnik wie ein Tanz auf dem Wasser wirkt. Oder die Seefrauen auf Koreas Insel der Geheimnisse, Jeju. Die Politik bleibt draußen Wie in Myanmar, das derzeit wieder in einer Militärdiktatur versunken ist, bleibt auch in China die aktuelle Politik außen vor….
Andreas Lesti liebt die Berge – und die Literatur. Und so hat sich der in Augsburg geborene und in Berlin lebende Journalist und Autor auf den Weg gemacht, in der Schweiz den Zauber zu erforschen, den die Berge dort auf Künstler und Literaten ausübten. Sein Buch „Zauberberge“, zauberhaft aufgemacht mit einem Leineneinband und alten Fotografien vor jedem Kapitel, folgt den Spuren deutscher Dichter und Denker in der Schweiz. Ein Berg an Büchern Lesti hatte sich im ersten Jahr der Pandemie aufgemacht und musste aufgeben. Im Sommer kehrte er zurück. Als erstes stand Davos auf dem Reiseplan. Davos, natürlich, Schauplatz von Thomas Manns „Zauberberg“. Der Roman über einen jungen Mann, „der sieben Jahre nicht mehr wegkam aus den Schweizer Bergen“. So lange hält es Andreas Lesti nicht in der Gebirgsstadt, obwohl er einen ganzen Berg Lektüre dabei hat – neben Thomas Manns Zauberberg auch den weitgehend unbekannte „Zauberlehrling“ von Erich Kästner, Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ oder Theodor Adornos „Minima Moralia“. Das Schicksal der Villa Stein Er wird also viel lesen auf dieser Reise – und sich verzaubern lassen. Die Spurensuche führt ihn in Davos von der Schatzalp zum Waldhotel und ins Medizinische Museum, wo er versucht, dem morbiden Kult um die…
„Die Raststätte ist Deutschland im Kleinen. Ein Mikro-, ein Makrokosmos“ schreibt Florian Werner in seinem Buch Die Raststätte. Und diesen Mikrokosmos erkundet er in der Raststätte Garbsen Nord bei Hannover. Nach dem Motto pars pro toto, eine für alle. Kleine Geschichte der Raststätte So erfahren die Lesenden erst einmal jede Menge Interessantes: Dass es in Deutschland 450 Autobahnraststätten gibt und mehr als eine halbe Milliarde Reisende, die dort einkehren. Dass dort Abertausende arbeiten und Heerscharen von Lkw-Fahrern ihre Frei- und Schlafenszeit verbringen. Dass die Geschichte der Raststätten in den 1930er Jahren begann, verbunden mit dem Bau der Reichsautobahnen. Nostalgie im Gästebuch Und warum gerade Garbsen Nord „ein Ort von hinreißender Durchschnittlichkeit“? Weil die 1954 eröffnet Raststätte quasi in der automobilen Mitte Deutschlands liegt. Der Betreiber der Anlage, Autobahngastronom in der dritten Generation, schwelgt im Gespräch mit dem Autor in nostalgischen Erinnerungen, die er auch ledergebunden im Gästebuch vorlegen kann. Das System Sanifair Das hindert Florian Werner nicht, sich kritisch mit dem System Sanifair samt Wertebons auseinanderzusetzen. Und mit Tank & Rast, die etwas 95 Prozent der deutschen Raststätten betreibt und einem internationalen Konsortium gehört – bestehend u.a. aus einem Tochterunternehmen der Allianz, einem kanadischen Pensionsfonds und dem Staatsfonds von Abu…
Andreas Altmann hat viel erlebt in seinem Leben – und viel geschrieben. Wunderbare Reportagen aus aller Welt, kritisch, lebensprall. Denn dieser Reporter war immer mit vollem Einsatz unterwegs – und mit offenen Augen und einem offenen Herzen. Das zeigt die Reportagen-Sammlung „Bloßes Leben“, in der Altmann noch einmal vorführt, wofür er gelobt und bewundert wurde. Der Titel „Bloßes Leben“ verweist auf die Endlichkeit aller materiellen Güter, auf das Existentielle. Vergangene Zeiten Und sollte doch auch zeigen, dass viel Zeit über manche dieser Reportagen hinweg gegangen ist. Längst hat sich die Volksrepublik das aufmüpfige Hongkong radikal einverleibt, hat so mancher Held der Reportagen das Zeitliche gesegnet. Und doch lohnt sich die Lektüre, denn Andreas Altmann versteht es wie nur wenige, die Lesenden hineinzusaugen in seine Abenteuer, sie unmittelbar mit seinen Erlebnissen zu konfrontieren. Mittendrin im Reporterleben Da findet man sich mitten in der lebensgefährlichen Wallfahrt zum Penis aus Eis im Himalaya oder taucht ein in eine von Kairos „Städte der Toten“, einem Friedhof, der dabei hilft, „etwas vom Leben und Sterben der Menschen“ zu lernen. Dieser Reporter muss nichts erfinden, um spannende Reportagen zu schreiben. Seine Neugier treibt ihn an, er schreckt vor nichts zurück, nicht vor Krankheit, schon gar nicht…