Véronique Ovaldé ist eine versierte Autorin. Sie weiß genau, wie sie ihre Leser bei der Stange hält. Das gilt auch für ihren neuen Roman mit dem etwas sperrigen Titel „Niemand hat Angst vor Leuten, die lächeln“. „Sie blickt von ihrer Terrasse auf ein Meer aus Büschen und hohen Kastanien, sie lächelt immerfort, niemand hat Angst vor Leuten, die lächeln, nicht wahr…“ Der Satz mit dem Titel kommt fast am Ende des Romans, in dem nicht nur gelächelt wird. Das Lächeln als Maske Ein Lächeln könne auch eine Maske sein, sagt die Autorin Véronique Ovaldé. Und Gloria, die alleinerziehende Mutter, die im Zentrum dieses Romans steht, weiß diese Maske zu nutzen. Das hat sie das Leben gelehrt – und so manches mehr. Familienfluch und Mutterliebe Der Roman beginnt damit, dass Gloria ihre Töchter Stella und Loulou mitten aus dem Unterricht abholt und mit ihnen nach Norden fährt, ins Elsass. In einem eher abgelegenen herrschaftlichen Haus hat sie als Kind viel Zeit bei der gefühlskalten Großmutter verbracht. Auch bei der Mutter hat Gloria nie sorgende Liebe gefunden. Diese Lieblosigkeit empfindet sie als Familienfluch. Um dem zu entkommen will sie ihren Töchtern eine perfekte Mutter sein, sie vor allen schlechten Einflüssen und Nachrichten…
Kein Wunder, dass die Autorinnen anonym bleiben wollen. Für ihren Roman „Sex für Wiedereinsteiger“ haben sie sich ganz offensichtlich in ihrem Freundeskreis bedient. Die meisten von uns kennen diese Frauen: Die überforderte Mutter, die unbefriedigte Ehefrau, die unterversorgte Single, die frustrierte Karrierefrau, die Esoterikerin, die Landpomeranze oder die Lesbe… Sie alle treffen sich bei einem Seminar, das ihnen mehr Freude am Sex verspricht. „Schöner kommen in der zweiten Lebenshälfte“ – das wollen sie alle und das wollen wahrscheinlich auch ihre Schöpferinnen. Sex als Stimmungsaufheller „Mila Paulsen ist das gemeinsame Pseudonym zweier befreundeter Autorinnen, die unter ihren wahren Namen seit über zwanzig Jahren erfolgreich Artikel, Kolumnen, Bestseller, Liebes- und Abschiedsbriefe sowie Einkaufslisten schreiben“, heißt es im Klappentext. Auf die Idee zu dem Buch seien sie in einem Gespräch darüber gekommen, „dass großartiger Sex als Stimmungsaufheller besser wirkt als Johanniskrauttropfen und Yoga zusammen“. Tatsächlich macht das Buch Lust und erfüllt in diesen grauen Corona-Zeiten schon mal die Aufgabe des Stimmungsaufhellers. Auch wenn die Retter aus der Frust-Falle ein bisschen zu viel Märchenprinz abgekriegt haben. „Andrea war absolut hingerissen, wie wunderschön dieser nackte, warme Männerkörper aussah. Wie weich und fest zugleich er war. Sogar seine Hände und Füße waren schön, wie konnte das…
Vor allem für Kinder erweist sich der lange Lockdown in der Corona-Pandemie als bleierne Zeit. Umso wichtiger ist es für sie, hin und wieder rauszukommen in die Natur und sich frei zu fühlen. Wer dazu noch Anleitungen braucht, findet sie in Fülle in dem dicken Buch Ausgebüxt . „Kinder sind die besten Abenteurer“ meinen die Outdoor-Freaks Jana und Patrick Heck. Deshalb ermuntern sie dazu, „die Welt draußen durch die Augen der Kinder“ zu sehen und mehr Natur in den Familienalltag zu bringen. Mikroabenteuer vor der Haustür Mikroabenteuer, davon sind die jungen Eltern überzeugt, sind auch in Großstädten erlebbar – oft direkt vor der Haustür. „Am liebsten starten wir direkt vor der Haustür und sind dann für ein paar Tage nur draußen“, schreibt Jana: „Geschlafen wird mitten in der Natur unterm Sternenzelt. Für uns ist das pure Freiheit. Ganz einfach, preiswert und nah.“ Tipps und Rezepte für Nachahmer Damit auch alles gut klappt, erzählen die beiden Autoren in Ausgebüxt nicht nur von den eigenen Erfahrungen, sie geben auch jede Menge Tipps – für die richtige Kleidung und Ausrüstung auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit, zur Packliste und zur Routenplanung. Im hinteren Teil gibt es noch eine ganze Rezeptliste für die Outdoorküche…
Laila Lalami wurde in Rabat geboren und lebt in den Vereinigten Staaten. In ihrem bewegenden Roman „Die Anderen“ schreibt sie über die Folgen auch latenter Xenophobie. Der mehrstimmige Nachruf auf einen Mann, der vor seinem Bistro in der Mojave-Wüste angefahren und getötet wurde, wurde vom Time Magazine als eines der besten Bücher des Jahres bewertet . Denn Laila Lalami erforscht darin unaufgeregt aber eindrücklich das Leben von Menschen abseits des amerikanischen Mainstreams. Zweifel an der Unfall-Version Die Tochter des Opfers, Nora, mag nicht glauben, dass es ein Unfall war. Obwohl integriert, hat die Familie doch immer das Gefühl gehabt, nicht dazu zu gehören, „Die Anderen“ zu sein. Und der Erfolg, den der Vater – Driss – mit seinem Restaurant hatte, erregte wohl auch den Neid der Nachbarn. Nora erinnert sich an einen Brandanschlag. Die Musikstudentin war ihrem Vater immer sehr nah anders als ihre Schwester Salma, die als Zahnärztin gutes Geld verdient. Eine neue Existenz Für die Mutter hat Salma erreicht, wonach sie selbst gestrebt hat, als die Familie von Marokko in die USA auswanderte. Das Leben in der Heimat war unsicher geworden, vor allem für Regimekritiker wie Driss. Mit einem heruntergewirtschafteten Donut-Shop neben einer Bowling-Bahn baut der Philosophiestudent für…
„Was Frauen wollen“ so der Titel ihres neuen Buches, glaubt Isabel Allende genau zu wissen. Schließlich war die chilenische Erfolgsautorin („Das Geisterhaus“) in der eigenen Erinnerung schon im Kindergarten Feministin. Sie wuchs im Haus der Großeltern auf, einem „monströsen Kasten mit zugigen hohen Zimmern“. Der Vater hatte die Mutter mit zwei kleinen Kindern und einem Säugling sitzen lassen. Die Ehe wurde annulliert, die Mutter kehrte ins Elternhaus zurück, und Isabel begriff sehr früh, dass sie gegenüber den Männern der Familie benachteiligt war. Zorn auf den Machismo Damals war Chile „Lichtjahre entfernt von der Frauenbewegung in Europa und den USA“. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die früh so aufsässige Isabel selbst mit 20 heiratete und Kinder bekam – ganz traditionell. Doch die Mitarbeit in einer frauenbewegten Zeitschrift hielt ihren Zorn gegen den lateinamerikanischen Machismo wach: „Wir schrieben mit dem Messer zwischen den Zähnen“ beschreibt Allende ihren Feminismus. Kein Mangel an Männern Isabel Allende hat ein bewegtes Leben hinter sich, in dem es ihr – wie sie schreibt – nie an Männern gemangelt hat. Im späten Alter hat sie nochmal einen Lebensgefährten gefunden. Ihre Enkel halten sie auf dem Laufenden, was Gendersprache angeht und Begriffe wie Polyamorie. „In meiner Jugend…
Die Bücher von Nicola Förg laufen immer noch unter dem Label „Alpen-Krimi“. Doch sie haben sich längst vom Heimatkrimi-Image emanzipiert. Auch stilistisch sind sie anspruchsvoller geworden. Und die Journalistin Nicola Förg zeigt immer wieder, dass sie gut ist im Recherchieren. Im neuesten Krimi um die Allgäuer Kommissarin Irmi Mangold und ihre junge Kollegin Kathi Reindl geht es um den Immobilien-Hype, der nach Ansicht der Autorin dazu führt, dass auch kleine Dörfer „wachsen wie Geschwüre“ und für manche Häuser „astronomische Summen“ verlangt werden. Einblicke in die Allgäuer Seele „Böse Häuser“ lernt Irmi kennen, als sie sich mit ihrem Lebensgefährten Hase auf die Suche nach einem gemeinsamen Zuhause macht. Bei der Besichtigung eines zur Luxusimmobilie ausgebauten Hofes auf dem Auerberg wird einer der Interessenten erschossen. Bei den Ermittlungen im Allgäu unterstützt Irmi den brummigen Gerhard Weinzirl, der ihr in einer gemeinsamen Notlage Einblick in seine Allgäuer Seele gewährt. Wer war Ziel des Anschlags? Der Tote war Besitzer eines Autohauses für Nobelkarossen. Eine davon und ein junger, unerfahrener Fahrer waren in einen schweren Unfall verwickelt. Ein Racheakt der betroffenen Familie? Die beiden Ermittler stellen schnell fest, dass auch der Verkäufer, ein wortkarger Bio-Bauer aus Kanada, das Ziel des Anschlags gewesen sein könnte. Und…
In Joel Dickers neuem Roman „Das Geheimnis von Zimmer 622“ geht‘s drunter und drüber. Auch wenn der Titel erstmal gar nicht so aufregend klingt, die Auftritte der oft undurchschaubaren Charaktere sind so turbulent, ihre Motive so rätselhaft, dass selbst der Autor zwischendurch die Übersicht zu verlieren scheint. Als Autor im Roman Dabei hat er sich auch noch selbst in den Roman geschrieben – in einer Rahmenhandlung, in der auch sein verstorbener Förderer und Verleger auftaucht. Und eine schöne Frau, die ihn bei der Konzeption des neuen Romans antreibt und unterstützt. Dass sie sich am Ende des Buches als Chimäre entpuppt, verwundert nicht mehr. Denn auch im Roman ist kaum etwas, wie es scheint. Nicht einmal auf die Personen selbst ist Verlass. Ein Opfer und viele Verdächtige Es ist deshalb für den Autor die reinste Sisyphos-Aufgabe, das Geheimnis von Zimmer 622 zu lüften. Dass in diesem Zimmer im noblen Hotel Palace de Verbier eine Leiche gefunden wurde, wird schnell klar. Nur wer das Opfer ist, bleibt lange im Dunkeln. Und fast bis zum Schluss kann man höchstens ahnen, wer die Tat begangen hat. Zu viele geraten in den Verdacht, von dem Mord zu profitieren. Dreiecksgeschichte im Bankenmilieu Der ganze Roman spielt…
Neapel ist ein Bild von einer Stadt, meint Barbara Schäfer. Mit ihrer „Lesereise Neapel“ will sie auch andere von der Schönheit der Stadt überzeugen. Und obwohl sie auch die Schattenseiten nicht auslässt, gelingt ihr das ganz wunderbar. „Wir haben alles im Überfluss, Schönheit und manchmal Hässlichkeit“, zitiert sie etwa Massimo Schischa, Geschäftsführer des berühmten Schokoladenproduzenten Gay-Odin. Denn auch das stimmt: Neapel ist laut, dreckig, kriminell. Leben unter dem Vulkan Aber es hat auch „immer diese offene Seele, die offene Kultur“, so die linke Stadträtin Eleonora de Majo. Schließlich leben die Menschen hier buchstäblich unter dem Vulkan, wie ein Besuch in Herculaneum oder auch in Pozzuoli, dem Hauptort der Phlegräischen Felder, zeigt. Neapolitanische Besonderheiten Man kann viel lernen auf diesen 130 gut recherchierten und unterhaltsam geschriebenen Seiten: Dass sich hinter dem Satz „prendiamo un caffè “ ein „essenzieller Bestandteil“ italienischen Lebens verbirgt. Weshalb der caffè Sopresa, der Kaffee für den Nächsten in Geldnöten, eine gute Tat ist und Teil der neapolitanischen Identität. Dass der Argentinier Diego Maradona der inoffizielle Stadtheilige ist und seine Trikotnummer 10 beim SSC Napoli nicht mehr vergeben wird. Dass Spacconapoli, die Straße, die die Stadt teilt, mehr ist als der Bauch von Neapel. Dass man in Neapel…
London Shah ist als Muslimin in London aufgewachsen. Die zweibändige Dystopie „Water Rising“ ist ihr Debut als Autorin. Und im Mittelpunkt steht eine britisch-muslimische Heldin. Leyla ist gläubige Muslimin mit Wurzeln in Afghanistan. Doch das England, in dem sie lebt, hat mit dem Land, das wir kennen, nichts mehr zu tun. Es ist ein Land unter Wasser. Statt Autos fahren Tauchboote durch die Straßen von London, nur in Hologrammen gibt es Strände im Sonnenlicht. Leylas Mission ist die Rettung ihres Vaters Ende des 21. Jahrhunderts kennt Leyla nur dieses Leben, und sie ist zufrieden damit – solange ihr Vater bei ihr ist. Nachdem er von der Polizei verhaftet worden ist, ist für die 16-Jährige nichts mehr wie es war. Sie setzt alles daran, ihren Vater aus den Fängen der Staatsgewalt zu retten – auch ihr Leben. Zur Seite steht ihr der junge, attraktive Ari, dem sie lange Zeit mit Misstrauen begegnet. Der Großvater hat dafür gesorgt, dass Leyla bei ihrer Rettungsaktion nicht allein ist. Der Gefährte gibt Rätsel auf Das U-Boot, mit dem die beiden und das Hündchen Jojo unterwegs sind, hat Leyla bei einem Boot-Rennen gewonnen samt Navigator-Hologramm. Das hat ihr Theo als Oscar-Wilde-Verkörperung programmiert. Theo und seine Zwillingsschwester…
Wenn die Frisöre als eine der ersten wieder öffnen dürfen, ist viel von Würde die Rede. Auch Miguel Gutierrez schreibt von Würde, wenn er seinen Beruf meint. Der Mann ist Barbier und als solcher hat er vor allem mit Bärten zu tun – und mit Männerhaaren. Dass Barbiere allerdings noch viel mehr können, hat Gutierrez auf seinen Reisen um die Welt erfahren, die er als „Nomad Barber“ unternommen hat – mit Kamm, Schere und Rasiermesser im Gepäck. Aus diesen Reisen, die der Globetrotter auch auf Youtube dokumentierte, ist das Buch „Andere Länder andere Bärte“ entstanden, eine Liebeserklärung an die Kunst der Barbiere. Eine eigene (Männer)Welt Liest man sich ein in Gutierrez‘ Reise-Erinnerungen, versteht man auch besser, warum Barber-Shops derzeit auch bei uns boomen. Es ist eine ganz eigene (Männer)Welt, die in diesen Läden herrscht. Auch wenn hin und wieder sogar Barbierinnen dort tätig sind. Der reisende Barbier trifft auf Barbiere, die ihren Beruf auf der Straße ausüben und auf solche, die gepflegte Salons führen. Er trifft Hipster- und Gentleman-Barbiere, Jungspunde und alte Herren, und ist immer wieder fasziniert vom Engagement und den Talenten seiner Gesprächspartner. Ohrenreinigung und Kopfmassage Dass Ohrenreinigen (Ear Digging) in Vietnam zur Haar- und Bartpflege dazu gehört,…