Das geheime Leben des Dorfes

11. Oktober 2024

Da ist er wieder, der eigenbrötlerische Kommissar Weinzierl, den Krimi-Autorin Nicola Förg einige Zeit vernachlässigt hat. Dafür bekommt er im neuen Krimi „Moorlichter“ einen Fall, der auch hartgesottenen Krimileserinnen und -Lesern unter die Haut gehen dürfte. Doch bis es zur zentralen Geschichte kommt, die auch in Weinzierl, der noch immer um seinen Hund trauert, lang unterdrückte Emotionen hochkochen lässt, müssen die Lesenden sich gedulden.

Kitzretter unterwegs

Es war die Arbeit einer Gruppe von Kitzrettern, die Nicola Förg auf die Idee zu diesem Krimi gebracht hat. Die Tierfreundin war elektrisiert. Drohnen, die dabei helfen, Kitze vor dem Mähtod zu bewahren! In ihrer Story sorgen die Drohnen dafür, dass eine Leiche gefunden wird. Die des Altbauern Sebastian Mair, ein eher unfreundlicher Zeitgenosse, der Tiere hasst, Rehe wildert und selbst vor den geschützten Bibern nicht Halt macht. Könnten also Tierfreunde hinter seinem Tod stecken?

Aufklärung über Reh und Wald

Weinzierl und seine Kollegin Evi Straßgütl ermitteln in alle Richtungen und sorgen dafür, dass auch die Lesenden wieder so einiges lernen über Tier- und Artenschutz, über das Fauna Flora Habitat und den deutschen Wald. Das gehört bei den Förg-Krimis einfach dazu.

Schließlich gibt es in diesem Bereich jede Menge Unkenntnis und Missverständnisse, zum Beispiel über die Rehe und den Wald, wie Jagdliebhaber Baier aufklärt: „Das Reh ist kein Schädling. Der Wald ist keine Plantage, er ist ein Lebensraum. Aber durch intensive Land- und Forstwirtschaft, mehr noch durch die Beunruhigung durch intensive Freizeitnutzung, steht der Wald unter Dauerstress und bleibt notgedrungen in den Einständen. Das Reh mag vieles lieber als Fichtenwipfel. Zum Beispiel Himbeerranken, Brombeer, Krautflora, Gras. Früher, als Menschen noch hart körperlich gearbeitet haben, wurden sie abends nicht zu hektischen Freizeitaktivisten. Heute ist jeder unterwegs, natürlich ziehen sich Wildtiere in den Wald zurück.“

Das alte Tagebuch

Es ist die slowenische Schwiegertochter des Opfers, die dafür sorgt, dass der Fall eine neue Richtung bekommt. Sie gibt Weinzierl und Straßgütl ein altes Tagebuch, das der tote Altbauer wie ein Schatz hütete. Als Tagebuchschreiberin identifizieren die Ermittler die 14-jährige Elvira, die durch Selbstmord starb. Das ist lange her, aber die Einträge im Tagebuch weisen auf eine Familientragödie hin, der womöglich auch Sebastian Mair zum Opfer gefallen ist.

Menschliche Abgründe

Es wird noch einige Zeit dauern, bis Weinzierl und Evi diesen so komplexen wie tragischen Fall gelöst haben. Beide werden durch emotionale Höhen und Tiefen gehen und an der Engstirnigkeit der Menschen verzweifeln. Doch es gibt auch Lichtblicke: Weinzierl ist mal wieder verliebt, und am Ende hat er auch einen neuen Hund.
Wie immer hat die Journalistin Nicola Förg viel Aktuelles in ihren Krimi gepackt. Das ist ebenso ihr Markenzeichen wie ihr Engagement für das Wohl der Tiere. Zeitweise werden die theoretischen Ausführungen etwas langatmig, doch im zweiten Teil nimmt der Krimi so richtig Fahrt auf, öffnet den Blick auf menschliche Abgründe und lässt die Lesenden nicht mehr los.

Info Nicola Förg. Moorlichter, Emons, 253 S., 16,50 Euro

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