Wolf Harlander bleibt auch als Autor Journalist und ist immer nah dran am Zeitgeschehen. Nach seiner Öko-Dystopie „42 Grad“, dem Thriller „Systemfehler“ zum Thema Cyberattacken und dem Klima-Horror „Schmelzpunkt“ beschäftigt er sich in dem Roman „Partikel“ mit dem Problem von Mikroplastik. Dabei setzt er zur Aufklärung auf sein bewährtes Team Nelson Carius und Diana Winkels.
Die Folgen von Mikroplastik
Ausgangspunkt des Thrillers ist die Havarie eines Frachters vor der marokkanischen Grenze. Das Schiff hatte illegalen Plastikmüll geladen, der nun die Strände Marokkos und Tunesiens überschwemmt. Grund genug, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch Harlander hat noch eine zweite – zutiefst menschliche – Geschichte mit eingebaut, um die Dringlichkeit des Themas zu untermauern. Die kleine Zoe ist an Leberkrebs erkrankt – in Folge von Mikroplastik, die sie beim Essen oder Trinken zu sich genommen hat. Eine Heilung, so bescheiden die Ärzte den schockierten Vater – gäbe es nicht.
Algen als Lösung?
Hoffnung kommt aus den USA, wo eine Therapie gegen die Folgen von Mikroplastik in Erprobung ist. Doch die Millionen-Kosten wird sich Zoes Vater nicht leisten können… Seine Schwester Melissa, die als Volontärin bei einer Online-Plattform arbeitet, soll zum Thema recherchieren – auch bei einem amerikanischen Start-up, das sich rühmt, den Partikeln mit einer Algen-Lösung umweltfreundlich den Garaus zu machen.
Märchenhaftes Ende
Ihr anfangs wortkarger Gesprächspartner Leon wird zu ihrem Unterstützer, als sie einem unglaublichen Komplott auf die Spur kommt und – wie ihre Nichte Zoe – in Lebensgefahr gerät. Doch so weit will Wolf Harlander nicht gehen. Melissa darf überleben und mit Leon an eine gemeinsame Zukunft glauben, und Zoe hat Aussicht auf Heilung. Das klingt nach all den alarmierenden Zahlen, den skrupellosen Unternehmern und Aktivisten schon etwas sehr nach märchenhaftem Happy End.
Aufklärung über das stille Gift
Aber Wolf Harlander sieht seine Aufgabe vor allem in der Aufklärung möglichst vieler Menschen. Deshalb hat er auch jede Menge harte Fakten in das Buch gepackt, die aufrütteln sollen. Und schon im Prolog weist er auf die unterschätzte Gefahr der Plastikpartikel hin:
„Still und unaufhaltsam breitet sich die Gefahr aus. Niemand nimmt die Bedrohung wahr. Doch die Partikel haben sich ihren Weg zu uns zurück längst gebahnt.
Das stille Gift, geschaffen von Menschen, erreicht nun die Menschen. Der Kreislauf schließt sich. Aber anders als geplant.
Es ist überall. Und es hat Zeit.
Langsam entfaltet es seine unheilvolle Wirkung.
Und niemand ist auf diese Katastrophe vorbereitet.“
730 Tonnen Abfall landen täglich im Mittelmeer, zitiert Harlander aus einer Liste der EU-Kommission. Das ist eine erschreckender Zahl. Wenn sein Roman dazu beiträgt, dass die Menschen nicht weiter sorglos mit Plastik umgehen, ist schon viel gewonnen. Da kann man auch darüber hinwegsehen, dass der Roman eher einfach aufgebaut ist und gewiefte Leser schon frühzeitig ahnen, wer hinter dem bösartigen Komplott steht. Spannend ist der Thriller allemal – und überaus beunruhigend.
Info Wolf Harlander. Partikel, Rowohlt Polaris, 804 S., 18 Euro
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