Was wäre, wenn… fragt sich Neal Shusterman, der Schriftsteller mit jüdischen Wurzeln, in dem Buch „Fenster in der Nacht“. Was wäre, wenn Märchen wahr würden. Wenn sich zum Beispiel ein Fenster in rettende Welten öffnen würde, jenseits aller Verfolgung durch Nazis. Wenn ein neuer Golem aus Asche Menschen vor den Gaskammern bewahren würde. Oder wenn die russische Hexe Baba Jaga die Widerständler unterstützen würde.
Geschichten der Hoffnung
Fünf Geschichten über den Holocaust erzählt Shusterman in dieser Graphic Novel, für die der texanisch-mexikanische Cartoonist Andrés Vera Martínez die Illustrationen geschaffen hat. Ein Zauberstab macht Schwache stark, eine Kristallmuschel erweckt Tote zum Leben… Hier darf sein, was nicht sein kann. Denn diese Geschichten sind allesamt Geschichten der Hoffnung. Magische, märchenhafte Geschichten über Menschlichkeit und Mut. Geschichten, die gerade in unserer Zeit mit dem wachsenden Antisemitismus wieder so wichtig sind.
Fantasy und Holocaust
Neal Shusterman hat etwas getan, was so gar nicht naheliegend war, ja was fast schon wie ein Frevel wirkt. Er hat Fantasy mit dem Holocaust vermischt. So gelingt es ihm, auch ein Publikum anzusprechen, das sich kaum mehr für die Judenverfolgung des Dritten Reichs interessiert. Einen großen Anteil daran hat auch Martínez, der mit seinen kraftvollen Illustrationen eine längst vergangene Zeit zum Leben erweckt.
Ein neuer Zugang
Zwischen den fantastischen Geschichten erzählt Shusterman, was ihn inspiriert hat. Er zitiert aus jüdischen Sagen und osteuropäischen Märchen, erklärt die Geburt des Golem und schreibt auch über Menschen, die ihr eigenes Leben riskiert haben, um verfolgte Juden zu retten. Mit ihrem gemeinsamen Werk könnte Neal Shusterman und Andrés Vera Martinéz vor allem jungen Menschen den Zugang zu der leidvollen Geschichte des Holocaust erleichtern.
Info Neal Shusterman/Andrés Vera Martínez. Fenster in der Nacht, Loewe, 256 S., 22 Euro, ab 12
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