Sandra Schulz hat ihre Erfahrungen mit Wohnmobilreisen schon in Spiegel-Kolumnen verarbeitet. Jetzt also auch ein Buch über die Monster Touren mit netten Tipps für Nachahmer und viel Selbst-Ironie.
Übers Leben lernen
Beim Campen, findet die Autorin in der Einleitung, „kann man viel übers Leben lernen… Man lernt auszuhalten, dass zusammenkommt, was nicht zusammenpasst: die Sehnsucht nach Freiheit und die Nähe zum Stellplatznachbarn, das Bedürfnis nach Privatsphäre und die Öffentlichkeit des Intimen, der Wunsch nach Individualität und die Gesetze der Tourismusindustrie, der Drang nach Originalität und das Diktat der Massenware. Und vielleicht der krasseste Widerspruch: das Bedürfnis nach Erholung und der Urlaub mit der Familie.“
„Bezaubernde Widrigkeiten“
Das gilt insbesondere für ihre Familie, denn die dritte im Bund ist das Töchterchen mit Down-Syndrom. Die Kleine sorgt für „Tage voller bezaubernder Widrigkeiten“ und die beschreibt Sandra Schulz umwerfend ehrlich und mit kaum nachlassendem Humor. Da tut es dann auch der Liebe zum fahrbaren Monster keinen Abbruch, wenn an einem Weihnachtsabend „alle mit heiligem Zorn ins Bett“ gehen. Am nächsten Tag ist sowieso alles wieder anders. Es macht auch nichts, wenn eine nahe Jauchegrube beim Campingplatz für dicke Luft sorgt oder wenn die Nachbarin grenzüberschreitend ihre Markise ausfährt.
Übung in Toleranz
Das Camperdasein ist eine Übung in Toleranz, lernen die Lesenden. Das gilt schon innerhalb der Familie, weil man eben nur im Monster so nah aufeinander sitzt. Und es gilt erst recht für die Campingplätze, wo Menschen einander nahe kommen, die kaum gemeinsame Interessen haben: „Die psychologischen Verstrickungen, in denen man sich als Camper wiederfindet, sind in jedem Fall interessant, dieses Schwanken zwischen Minderwertigkeitskomplex und Hochmut, zwischen Solidarität und Aversion. Kennen Sie diese Aggression, wenn man auf Leute trifft, die all das verkörpern, was einem selbst zuwider ist? Mit solchen will man nicht in einen Topf geschmissen werden. Die verderben den Ruf. Die Wahrheit ist: Der härteste Kritiker des Campers ist der Camper.“
Allein auf Fahrt
Wegen ihrer Tochter mit Down Syndrom fühlt sich Sandra Schulz immer wieder in einer Botschafterinnen-Rolle („Sie lebt gern!“), wie sie es freundlich beschreibt. Und dann kommt auch der Ehemann ausführlich zu Wort, ein überzeugter Wohnmobilist mit festen Grundsätzen, ehe die Autorin von ihren „Flitterwochen mit dem Monster“ berichtet – von ihrer ersten Fahrt allein und als Wohnmobil-Kapitänin.
Ansteckende Womo-Liebe
Kurz vor Schluss gibt‘s einen nicht ganz ernst gemeinten Fragebogen für Paare mit Womo-Ambitionen und zum Happy End eine Liebeserklärung ans Monster und ans Familiencampen. All das liest man gern und mit wachsender guter Laune. So manche könnte Sandra Schulz sogar mit ihrer Womo-Liebe anstecken…
Info Sandra Schulz. Monster Touren, Spiegel Buchverlag bei Penguin255 S., 16 Euro
Keine Kommentare