Richard Löwenherz zieht es in die Wildnis des Nordens, ans Ende aller Wege. Mit einem Fatbike und einem Schlauchboot hat er sich in den Norden Sibiriens gewagt durch das Land der Tschuktschen bis zur Beringsee, begleitet von Myriaden von Mücken und immer wieder auch von Bären, Braunbären und Eisbären. Und zwischendurch gab es immer wieder Begegnungen mit Menschen: „Hier treffen sich die Träumer, die Idealisten, die Abenteurer – Menschen mit starkem Willen, besonderem Charakter und durchgeknallten Visionen.“
Bären und Stromschnellen
Auch bei Richard Löwenherz stand eine durchgeknallte Vision am Anfang dieses Abenteuers. Schon an der amtlichen Erlaubnis, länger als 30 Tage auf russischem Gebiet unterwegs zu sein, dem Propusk, wäre die Idee beinahe gescheitert. Und immer wieder gab es Herausforderungen für den Mann, der sich am liebsten allein der Wildnis stellte: unwegsames Gebiet, unpassierbare Berge, Stromschnellen, gefährliche Strömungen, Bären.
Menschen und Pläne
Aber Richard Löwenherz erlebte auch Überraschungen. Eine erstaunlich gut ausgebaute Trasse quer durch das sonst weitgehend unzugängliche Tschukotka etwa, die dem russischen Oligarchen Roman Abramovitsch zu verdanken ist, der von 2001 bis 2008 dort Gouverneur war. Die Begegnung mit einem jungen Paar, das zum Kap Dezhnev trampt und von dort mit einem selbst gebauten motorisierten Katamaran ans Kap Prince of Wales übersetzen will – nach Alaska. Oder das zufällige Zusammentreffen mit der bewunderten Wildnis-Expertin Marina, mit der Richard Löwenherz ein Stück weit gemeinsam unterwegs sein wird. Und dann: Rammstein mitten im Nirgendwo. Bei einem Ausflug im Krankenwagen drehen ein paar russische Polizisten so richtig auf. Wie so oft bei solchen Begegnungen fließt der Schnaps in Strömen.
Glück und Zufall
Auch das gehört dazu, meint der Abenteurer, der keiner Herausforderung aus dem Weg geht und sich auf noch eine Offroad-Variante zumutet: „Ich habe zwar null Informationen über diesen Fluss, und es ist auch völlig unklar, ob irgendjemand schon mal auf diesem gepaddelt ist, aber der Topografie nach müsse es machbar sein, diesen 220 Kilometer langen Wasserweg auch mit dem Rad auf dem Boot hinabzuraften.“
Das Glück ist mit dem Wagemutigen – und der Zufall. Denn mitten im Nirgendwo trifft Richard Löwenherz die Russin Marina. Zu zweit genießen sie die Gastfreundschaft von Rentiernomaden, die zwar noch ganz in der Tradition leben aber dank Handys Bescheid wissen, was in der Welt passiert.
Abschied und Umkehr
Und dann heißt es wieder Abschied nehmen – von Marina, aber auch vom ursprünglichen Plan, noch weiter in die nördliche Wildnis vorzustoßen: „Die Summe der Gegenargumente lässt mich den Kürzeren ziehen: der knappe Proviant, die schlechte Wetterprognose, die unkalkulierbare Eisbärengefahr… Vankarem und die Tschuktschensee wären zwar die Krönung des Ganzen gewesen, aber warum immer alles auf die Spitze treiben?“ Auch so kann Richard Löwenherz viel erzählen über sein außergewöhnliches Abenteuer und die Lesenden mitnehmen in eine ferne, fremde Welt.
Info Richard Löwenherz. Mit Bike und Boot zur Beringsee, Delius Klasing, 160 S., 29,90 Euro
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