Der Energie-Engpass erhöht den Druck auf die Flüsse, gilt doch Wasserkraft als umweltfreundlich. Doch dabei ist ein sensibler Umgang mit der Ressource Wasser gefragt. Wie wichtig Flüsse für unser Lebensumfeld sind, das zeigt der mehrfach ausgezeichnete Geowissenschaftler Laurence C. Smith in dem ebenso faszinierenden wie alarmierenden Buch „Weltgeschichte der Flüsse“.
Kein Überleben ohne Flüsse
Heutzutage hätten es Flüsse schwer, ihre Ladung zum Meer zu bringen, heißt es da schon in der Einführung: „Sie gleiten an erstarrten Städten vorbei, werden von Dämmen eingezwängt, von Ingenieuren gedrosselt und von den meisten übersehen. Und dennoch gewinnen die Flüsse die Oberhand. Sie werden uns alle überdauern. Aber ohne sie werden wir nicht überleben.“
Lebensadern, Handelswege, Grenzen
Weltreiche entstanden entlang von Flüssen, Weltstädte liegen an Flüssen: Paris an der Seine, London an der Themse, Berlin an der Spree, Kalkutta am Ganges… Schon in grauer Vorzeit waren Flüsse Lebensadern, sie wurden zu Handelswegen, zu Staatsgrenzen, zu Fluchtwegen. Laurence C. Smith beschreibt eindrucksvoll, wie die Kontrolle wichtiger Flüsse Macht zementierte und wie die Flüsse „zur Gestaltung der politischen Geografie Europas und des Nahen Ostens“ beitrugen.
Zerstörer und Zerstörte
Er schreibt über die politischen Ränke um Mississippi und Jangtse, die Bombardierung des Möhnestausees und ihre Folgen und macht klar, wie Flüsse zu „stillen Mitkämpfern“ bei Konflikten wurden. Der Autor führt vor Augen, welche Zerstörungen Flüsse in der Kulturlandschaft anrichten können und wie die Menschen dazu beitragen, Flüsse zu zerstören. Er berichtet über das Riesenstaudamm-Projekt Äthiopiens, das nicht nur Ägypten auszutrocknen droht.
Verschmutzte Flüsse
Und er schreibt über die Verschmutzung der Flüsse, gegen die Aktivistinnen und Aktivisten seit Jahren kämpfen. Wie die Wasseranwältin Mina Guli mit ihrem 1678 Kilometer langen Sechs-Flüsse-Lauf“. Andere schwömmen in verschmutzten Flüssen, um die Aufmerksamkeit auf die Umweltprobleme zu lenken. Vor allem Mündungsdeltas, warnt Laurence C. Smith, mutierten zu Totzonen. So die Elbmündung und die Kieler Bucht aber auch die Mündungsgebiete der Loire oder der Themse.
Konsequenzen für die Zukunft
Viele Probleme seien inzwischen erkannt worden, räumt der Forscher ein. Auch würden immer mehr alte Staudämme beseitigt, die dafür verantwortlich waren, dass Flüsse verödeten. Dafür allerdings würden wieder neue, gewaltige Staudämme errichtet, nicht nur in Äthiopien, auch in Laos.
Trotzdem gibt der Autor die Hoffnung nicht auf, dass die Menschen lernen könnten, die Ressourcen der Flüsse zu nutzen ohne sie zu zerstören.
Ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit.
Info Laurence C. Smith. Weltgeschichte der Flüsse, Siedler, 447 S., 26,20 Euro
Keine Kommentare