Doris Dörrie ist bekannt als erfolgreiche Regisseurin und Drehbuchautorin. Aber sie hat sich auch als Schriftstellerin einen Namen gemacht. Ihr neues Buch heißt „Die Heldin reist“ und beginnt so: „Im Jahr 2019 bin ich in die USA, nach Japan und Marokko gereist. Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass es für längere Zeit die letzten Reisen gewesen sein sollten.“
Mythos Heldenreise
Auf 240 Seiten beschäftigt sich Doris Dörrie dann mit dem Mythos der Heldenreise, der bis heute männlich geprägt ist. Was aber ist, wenn Frauen reisen, fragt sich die Autorin. Werden sie auch zu Heldinnen, wenn sie Abenteuer bestanden, Krisen bewältigt haben? Abenteuer und Krisen hat Dörrie bei ihren vielen Reisen so einige bestanden – auch wenn sie sich nicht freiwillig exponiert hat. Sie hat einen Beinahe-Absturz überlebt, Anfeindungen, Belästigungen.
„Ich bin nur gereist“
Ist sie deshalb schon eine Heldin? Nein, sagt Dörrie am Ende des Buches: „Ich bin keine Heldin, ich bin nur gereist.“ Und das leidenschaftlich gern. Auch wenn sie so manche Show durchschaut wie etwa in Marrakesch. Der Bucket-List-taugliche Djemaa al Fna ist für sie „eine erschöpfte Inszenierung all dessen, was der Tourist erwartet“.
Touristin und Vielreisende
Und als Vielreisende weiß sie auch, dass ihre Neugier auf die Menschen und ihr Bestreben, sich dem Reiseland anzupassen, nicht unbedingt gewürdigt werden. Im Gegenteil: Die Touristin werde mehr gemocht von den Einheimischen, ist Dörrie überzeugt, „sie verschwindet ja gleich wieder“. Die Reisende allerdings, „die sich unbedingt tief einfühlen will“, bringe alles durcheinander. Auch weil man sie nicht schon von weitem erkenne „als das, was sie ist: eine Fremde“.
Die Erfahrung der Freundin
Was es bedeutet, eine Fremde zu sein, das lässt Dörrie ihre japanische Freundin Tatsu erzählen, die einen fremdenfeindlichen Anschlag in ihrer Wahlheimat Deutschland nur knapp überlebt hat. Dörrie dagegen fühlt sich in ihrem Lieblingsland Japan „beschützt und aufgehoben“. Dort, so hat sie es erfahren, kann sie „umherreisen wie ein Mann“.
Plädoyer fürs Reisen
Es sind mehrere Reisen, die Dörrie in ihrem Buch reflektiert, auch ihre ersten als junge Frau mit und ohne männlichen Begleiter oder ihre späteren mit der Freundin. Dabei teilt sie ihre Erinnerungen ebenso großzügig wie die Einsichten in eigene Fehler. „Die Heldin reist“ ist kein Roman, es ist auch kein Reisebuch im üblichen Sinn. Aber es zeigt, wie wichtig Reisen sein kann und macht Lust auf eigene Erlebnisse.
Info Doris Dörrie. Die Heldin reist, Diogenes, 240 S., 22 Euro
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