Was wäre, wenn sich Russland, die USA und China zusammentäten, um gemeinsam gegen den Klimawandel in den Krieg zu ziehen? Dirk Rossmann, seines Zeichens Drogeriemarkt-König, Schröder-Freund und dank offensiver TV-Werbung auch Bestseller-Autor, hat sich dieses Szenario für seine Roman „Der neunte Arm des Oktopus“ ausgedacht. Dass sich der eher nicht von allzu großer Bescheidenheit geplagte Unternehmer am Ende auch noch selbst in den Roman hineingeschrieben hat oder hineinschreiben hat lassen, geschenkt.
Ein Komplott gegen die großen Drei
Die Idee ist zwar utopisch, aber deswegen nicht schlecht. Natürlich formiert sich auch sogleich Widerstand gegen die geballte Macht der großen Drei oder G3. Vor allem Kriegsgewinnler wie Waffenhändler und Militärs sehen ihre Felle davonschwimmen. Böse Mächte schmieden also ein Komplott, das ihnen die Hoffnung auf weitere Kriege erhalten soll. Und welcher Staat taugt wohl besser als Übungsgelände als Brasilien?
Der Koch als Held wider Willen
Da regiert allerdings nicht Bolsonara, obwohl der gut ins Schema gepasst hätte, sondern ein Diktator namens Batista. Und während Xi weiter in China herrscht und Putin in Russland, heißt die US-Präsidentin Kamala Harris. Rossmann will ja nah an der Wirklichkeit bleiben. Zum Helden wider Willen wird dann ausgerechnet ein Koch, der als Caterer zufällig von den finsteren Plänen erfährt.
Rückkehr der Natur
So wird am Ende doch noch alles gut: „Bald würden die Wildnis und das Grün zurückkehren. Und zurückkehren würden Myriaden von Insekten und die Goldregen-Orchideen und die Helikonien und die Kolibris und Tukans und Giftpfeilfrösche und Amazonas- Delfine und Tapire und Brüllaffen und Jaguare und Nachtfalter. Und ihre täglichen Rhythmen und nächtlichen Kämpfe und ihr Gefressenwerden und ihr Gedeihen und ihr Farbenreichtum und ihre Schönheit.“
Wozu der neunte Arm des Oktopus?
Das wäre doch was! Und 75 Jahre später könnten sich Forscher um einen Oktopus versammeln und beobachten, was geschieht, wenn der Mensch in seiner Hybris meint, die Natur verbessern zu können. Der Oktopus ist gut so, wie er ist. Er braucht keinen neunten Arm…
Der Roman liest sich locker weg und regt durchaus zum Nachdenken an, auch wenn die Figuren nicht mehr als Scherenschnitte sind. Wie sagte der Kritiker, der ständig von sich behauptet, „Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue“ zu dieser Utopie? Es gibt schlechtere Bücher. Da hat Denis Scheck Recht.
Info: Dirk Rossmann. Der neunte Arm des Oktopus, Lübbe, 396 S., 20 Euro
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