Wer „Das Restaurant der verlorenen Rezepte“ von Hisashi Kashiwai mit Genuss lesen will, sollte sich für die japanische Küche und die Kultur Japans interessieren. Sonst könnte der Episodenroman mit seinen immer gleichen Abläufen schnell langweilig werden. In Japan freilich ist das Buch ein Verkaufserfolg. Glück beim Essen Dort weiß man auch um die sozialtherapeutischen Möglichkeiten von Esslokalen. Im Restaurant der verlorenen Rezepte schöpfen der ehemalige Polizeibeamte Nagare und seine Tochter Koishi diese Möglichkeiten aus, um ihre Gästen mit lang entbehrten Geschmackserlebnissen glücklich zu machen. Der Geschmack der Vergangenheit Wer in das versteckte Restaurant findet, will seiner Vergangenheit noch einmal nachschmecken, will sich an seine Jugend erinnern, die erste Liebe, ein Gefühl der Geborgenheit. Und weil der Witwer Nagare bei der Recherche nach den verlorenen Rezepten ebenso pflichtbewusst vorgeht wie beim Kochen, erfüllen die Gerichte auch die Wünsche der Kunden: „Als nächstes griff Hisahiko nach der Miso-Suppe und trank aus der Schale. Ein kurzer Seufzer entwich seinen Lippen. Dann verrührte er mit den Stäbchen das Ei in der Suppe und trank noch einmal. Jetzt entspannte sich auch seine linke Wange. Er strich ein Stück Selleriekohl mit den Stäbchen glatt, legte es auf den Reis und spreizte die Stäbchen anschließend so, dass…
Helme Heine kennen die meisten wohl als Kinderbuchautor. Die liebenswerten Geschichten um die tierischen Freunde Johnny Mauser, Franz von Hahn und den dicken Waldemar haben dem mittlerweile in Neuseeland lebenden Autor weltweit Freunde beschert. Der Autor und Illustrator machte im wörtlichen Sinn eine Bilderbuchkarriere. Doch Helme Heine kann auch anders. Zusammen mit seiner Frau Gisela von Radowitz hat er auch Bücher für Erwachsene geschrieben. Nun also wieder ein Roman. „Im freien Fall“ erzählt in Rückblicken die Geschichte des Unternehmersohns Max, den das Leben auf eine harte Probe stellt und der beinahe daran zerbricht. Flug ohne Wiederkehr Es beginnt damit, dass Max ein Flugticket nach Südafrika löst – one way. Denn er hat nicht vor zurückzukommen. In dem Land, in dem er vor langer Zeit mit seiner französischen Frau Marie glücklich war, will er seinem Leben ein Ende setzen. Im freien Fall – bei einem Sprung in den Schacht eines Bergwerks: „Jetzt nahm er Abschied von der Erde, auf der er 58 Jahre lang Gast gewesen war. Im Lauf der Zeit hatte er alles erfahren, was das Leben zu bieten hatte, hatte Liebe empfangen und verschenkt, Reichtum erworben und verloren. Aber Lügen, Verrat und Krankheit hatten sein Leben durcheinandergewirbelt und es…
Kaum ein Urlaubsland ruft so viele nostalgische Erinnerungen wach wie „Bella Italia“. Der Bildband „Heute so schön wie damals“ frönt dieser Nostalgie und lädt dazu ein, in Bildern und Texten auf Zeitreise zu gehen. 75 Orte zwischen Südtirol und Sizilien hat der Verlag für seine Retro-Reisen ausgesucht und beschert so ein wehmütig-schönes Wiedersehen mit Sehnsuchtsorten wie Grado, Portofino, Rimini, Florenz oder Taormina. Noch mehr Nostalgie verspricht der Soundtrack zum Buch, zu hören über die Spotify-App. Schlangen auf dem Brenner Und schon geht die Reise los – natürlich über den Brenner, seit alter Zeit das „Tor zu Italien“. In den 1950er Jahren mussten die sonnenhungrigen Urlauber allerdings noch am Brenner vor der Grenzkontrolle Schlange stehen, ehe sie hinunter rauschen konnten in die Täler unter den sagenumwobenen Dolomiten. Beim Törggelen im Herbst können sich die Gäste fühlen wie früher – es gibt jungen Wein, Keschtn (heiße Maroni) und Speck. Auch beim Einkaufen auf dem Bozener Obstmarkt könnte man sich in alte Zeiten zurück versetzt fühlen. Der Geschmack Italiens Überhaupt das Essen. Die italienische Küche hat zwar längst bei uns Einzug gehalten, aber natürlich schmeckt sie in ihrem Ursprungsland am besten – ob das Schüttelbrot in Südtirol, das Costoletta à la Milanese in…
Silvia Schröer ist selbst Mutter. Und sie weiß: Man muss nicht unbedingt in ein Flugzeug oder in die Eisenbahn steigen, um auf Reisen zu gehen. Für unternehmungslustige Kinder und deren Eltern hat sie eine Idee, die sich kinderleicht umsetzen lässt: Zuhause auf Weltreise gehen. Wie soll das funktionieren? Gemeinsam Fernweh stillen Ganz einfach und ohne lästiges Kofferpacken, dafür mit viel Fantasie, Spielen und Rezepten. So kann die ganze Familie gemeinsam Fernweh stillen. Ob es nun nach Mexiko geht, nach Äthiopien, nach Japan oder Australien. Wichtig ist, dass man sich darüber informiert, wie das Traumziel aussieht, was es für eine Geschichte hat, wer dort lebt und wie die Natur aussieht. Dabei helfen Bücher und Filme, aber auch die kurzen Texte von Silvia Schröer, die Sagen und Märchen. Down Under mit Didgeridoo Und am besten träumt man sich mit der Musik des Landes dorthin. Nach Australien vielleicht mit Didgeridoo-Musik. Aber natürlich gibt es auch Lieder, die Down-under-Feeling wecken. Mit einer Playlist hilft Silvia Schröer bei der Suche. QR-Codes helfen dabei. Kostproben aus sechs Ländern Sechs Länder hat Silvia Schröer für ihre Weltreise-Empfehlungen ausgesucht. Und zu jedem Land hat sie wichtige Informationen, Playlists für die Musik, Bücher- und Filmlisten, Bastel und Spielideen. Und…
Joël Dicker liebt verschachtelte Romane und Cliffhanger. Der erfolgreiche Autor führt seine Lesenden gern in die Irre, in Sackgassen und über Haarnadelkurven dicht über dem Abgrund. Das gilt auch für den neuen Roman „Die Affäre Alaska Sanders“, vom Verlag als „Die Fortsetzung des Weltbestsellers ‚Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert`“ angepriesen. Allerdings spielt Harry Quebert in diesem dicken Wälzer eine eher untergeordnete Rolle. Denn es geht, wie immer bei Joel Dicker, wild durcheinander. Alter Fall, neue Erkenntnisse Wieder steht der Schriftsteller Marcus Goldmann (ein alter Ego Dickers?) im Mittelpunkt – er ermittelt zusammen mit Sergeant Gahalowood in einem zehn Jahre alten Mordfall, der eigentlich aufgeklärt schien. Die junge Alaska Sanders war am Strand des beschaulichen Städtchens Mount Pleasant erschlagen aufgefunden worden. Der Hauptverdächtige hatte sich den Ermittlungen zufolge nach seinem Geständnis selbst erschossen, ein weiterer saß hinter Gittern. Doch dann bringt ein anonymer Brief Bewegung in den alten Fall. Nichts ist so wie es damals schien. Und heute? Sein und Schein Goldmann und Gahalowood machen sich auf die Suche nach dem wahren Täter. Die führt sie nicht nur zurück in die Zeit vor dem Mord an Alaska und von Mount Pleasant nach Salem, sondern noch weiter zurück in die…
Die Inderin Anuradha Roy ist nicht nur mehrfach ausgezeichnete Buchautorin, sondern auch begeisterte Töpferin. Ihr Roman „Ton für die Götter“ profitiert von dieser Passion für das Schöpferische. Denn sowohl Elango im indischen Kummarapet als auch Sara im englischen London brauchen das Töpfern, um sich in ihrem Leben zurecht zu finden. Der Traum von der Schöpfung Der Hindu Elango verdient sein karges Geld mit dem Töpfern von Alltagsgeschirr. Aber eines Nachts träumt er davon, ein flammendes Pferd zu erschaffen – für die Muslimin Zohra, die er schon lange liebt. Und seine Schülerin, die kleine Sara, darf ihm dabei helfen. Auslöser von Elangos neuer Schaffenskraft ist aber nicht nur der Traum, sondern auch der Hund Chinna. Seit der kleine Vierbeiner ihm zugelaufen ist, hat sich Elangos Leben verändert. Chinna, so glaubt er, ist sein Glücksbringer. Falsche Hoffnungen Lange sieht alles gut aus, das Pferd aus Ton wächst in einem geheimen Versteck, Zorah erwidert Elangos Liebe, und ihr Großvater, ein blinder Kalligraph, willigt ein, das Geschöpf mit Schriftzügen zu verzieren. Elango weiß nicht, dass Chinna bei einem Überfall auf seine früheren Besitzer entkommen ist und von ihnen verzweifelt gesucht wird. Nur Saras Mutter, eine Journalistin, kennt den Hintergrund. Ist es schlechtes Karma, das…
Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen aus Familien mit „Migrationshintergrund“. Und wie ihre Eltern auch haben sie oft mit Vorurteilen und Alltagsrassismus zu kämpfen. Deshalb ist es wichtig, Kinder schon früh dagegen zu sensibilisieren. Hier sind zwei Bücher, die sich dem Thema widmen. Einschlafgeschichten Geschichten vom Zubettgehen und Einschlafen erzählen Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindé- Dundadengar in dem Pappbilderbuch „So schlafe ich! Und wie schläfst du?“ (Carlsen, 12 Euro, ab 2) Diverse Familien Sami, Ayo, Ada, Emma und Miko erzählen von ihrem Zuhause. Das ist ganz unterschiedlich, je nachdem, woher die Familien kommen. Und ob die Kinder mit Mama und Papa leben, mit einer allein erziehenden Mutter oder mit zwei Vätern. Die einen baden abends, die anderen wollen noch fernsehen oder lesen. Immer aber wird gekuschelt. Denn am besten schläft es sich, wenn man sich geborgen fühlt. Das gilt wohl für alle Kinder. Die Illustration von Paran Kim zeigen auch den Kleinsten, wie unterschiedlich Familien sein können. In der Schule Nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene will die Vizeweltmeisterin im Fechten Alexandra Ndolo, selbst Tochter einer polnischen Mutter und eines kenianischen Vaters, mit dem Bilderbuch „Hier hat jeder einen Platz“ (Loewe,91 S., 14,95 Euro, ab 6) erreichen. Gegen Vorurteile Während…
Istrien, so meint man, kennt doch jeder. Doch, was der Istrien-Kenner Manfred Matzka, der seit 50 Jahren Istrien erkundet, in seinem Reisebuch über die Halbinsel schreibt, zeugt von mehr als nur Geschichts- oder Geologie-Wissen. Es sind Geschichten aus der Geschichte aber auch von den Menschen vor Ort, es geht um das Schicksal von Einzelnen und um große Völkerbewegungen. Wechselvolle Geschichte Und da geht Matzka in die Tiefe. Denn „kaum ein Landstrich Europas hat so oft die Herrscher gewechselt, hatte so viele Krieg auf kleinem Raum zu ertragen, wurde so oft an den Rand geschoben, verraten und verkauft wie diese in Griffweite der europäischen Machtzentren liegende Halbinsel“. Dem Juristen liegt Istrien am Herzen, das liest man aus jeder Zeile heraus. Rezepte aus der Region Mit seinen „kleinen Reisen“ will er die Lesenden mit seiner Liebe zu Istrien anstecken, will ihr Interesse für die wechselvolle Geschichte wecken. Und weil seine Frau Anica ein Kochbuch über die Küche in Istrien geschrieben hat, kommen sie auch in den Genuss von typischen Rezepten aus der Region. Viele Anekdoten Es steht viel Geschichte in dem knapp 300 Seiten dicken Reiseführer, aber Matzka gibt auch persönliches Tipps weiter, erzählt nette, hin und wieder auch makabre, Anekdoten etwa…
Bergseen sind meist Relikte einer längst vergangenen Zeit, sie erzählen davon, wie sich einst Eismassen von den höchsten Gipfeln ins Tal schoben. Die Gletscher haben die Alpenlandschaft mit ihren Karen und Seen geformt Und die Bergseen mit ihrem glasklaren Wasser verzaubern die Menschen bis heute. 50 Seenwanderungen in Österreichs Bergen stellt Herbert Raffalt vor – gemütliche, sportliche, anspruchsvolle. Vor allem aber stimmungsvolle. Perle der Alpen Es fängt schon gut an mit dem Vorarlberger Lünersee, der vor Jahren zum schönsten Platz Österreichs gekürt wurde – dank seiner intensiven türkisen Farbe. Heute gehört der See am Talschluss des Brandnertals zu den größten Stauseen des Landes. Ein sechs Kilometer langer Rundweg führt rund um den See, auch „Perle der Alpen“ genannt. Raffalt empfiehlt den Rundgang im Uhrzeigersinn, dann gehe es die restliche Strecke fast nur noch bergab. Seen-Schönheit Auch der Seebensee mit seinem türkis-grünen Wasser ist eine Seen-Schönheit. Wer den See im Mieminger Gebirge erreichen will, braucht allerdings Kondition, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Außerdem, warnt der Autor, könnte es an den Wochenenden voll werden. Wie in Island Eher noch unbekannt sind dagegen die Sidanseen in den Tuxer Alpen. Vielleicht auch deshalb, weil sie nur zu Fuß erreichbar sind. Wer den Aufstieg nicht scheut, werde…