Laila Lalami wurde in Rabat geboren und lebt in den Vereinigten Staaten. In ihrem bewegenden Roman „Die Anderen“ schreibt sie über die Folgen auch latenter Xenophobie. Der mehrstimmige Nachruf auf einen Mann, der vor seinem Bistro in der Mojave-Wüste angefahren und getötet wurde, wurde vom Time Magazine als eines der besten Bücher des Jahres bewertet . Denn Laila Lalami erforscht darin unaufgeregt aber eindrücklich das Leben von Menschen abseits des amerikanischen Mainstreams. Zweifel an der Unfall-Version Die Tochter des Opfers, Nora, mag nicht glauben, dass es ein Unfall war. Obwohl integriert, hat die Familie doch immer das Gefühl gehabt, nicht dazu zu gehören, „Die Anderen“ zu sein. Und der Erfolg, den der Vater – Driss – mit seinem Restaurant hatte, erregte wohl auch den Neid der Nachbarn. Nora erinnert sich an einen Brandanschlag. Die Musikstudentin war ihrem Vater immer sehr nah anders als ihre Schwester Salma, die als Zahnärztin gutes Geld verdient. Eine neue Existenz Für die Mutter hat Salma erreicht, wonach sie selbst gestrebt hat, als die Familie von Marokko in die USA auswanderte. Das Leben in der Heimat war unsicher geworden, vor allem für Regimekritiker wie Driss. Mit einem heruntergewirtschafteten Donut-Shop neben einer Bowling-Bahn baut der Philosophiestudent für…
Kaum zu glauben: Janosch, dieser ewig junge Rebell, wird 90! Als Kinderbuchautor hat er Furore gemacht, und manche Eltern verschreckt. Denn Janosch ist alles andere als angepasst. Er hat sich das Anarchistische seiner Jugend bis ins hohe Alter bewahrt. Seine Inhalte sind antiautoritär und provokant, auch wenn sie als nette Bilderbücher daherkommen. Wie das weltberühmte Buch über Tiger und Bär und ihre Reise nach Panama. Riesenparty mit Überschwemmung Selbst in die „Riesenparty für den Tiger“, die der Beltz-Verlag zum 90. Geburtstag des Autors herausbrachte, schleicht sich Rebellisches ein: Weil ihm die Party zu lasch ist und er sich mehr Rabatz wünscht, setzt Günter Kastenfrosch einfach die Bude unter Wasser „Heerjemine, war das eine Freude für die Gäste!“. So richtigen Rabatz wird sich der Jubilar auf seiner Insel wohl kaum mehr wünschen. Auch ein Janosch wird ruhiger. Die philosophische Seite des Autors hat die Zeit bis vor kurzem in ihrem Magazin gefeiert und ich habe mich immer auf den nächsten „Wondrak“ gefreut. Nachzulesen sind die Kolumnen in dem Buch „Herr Wondrak, wie kommt man durchs Leben?“ Viel Tröstliches ist unter den kurzen Sprüchen, sie sind getränkt von einer warmen Mitmenschlichkeit. Kindheit in der Hölle Die hat der Künstler in seinem eigenen…
„Was Frauen wollen“ so der Titel ihres neuen Buches, glaubt Isabel Allende genau zu wissen. Schließlich war die chilenische Erfolgsautorin („Das Geisterhaus“) in der eigenen Erinnerung schon im Kindergarten Feministin. Sie wuchs im Haus der Großeltern auf, einem „monströsen Kasten mit zugigen hohen Zimmern“. Der Vater hatte die Mutter mit zwei kleinen Kindern und einem Säugling sitzen lassen. Die Ehe wurde annulliert, die Mutter kehrte ins Elternhaus zurück, und Isabel begriff sehr früh, dass sie gegenüber den Männern der Familie benachteiligt war. Zorn auf den Machismo Damals war Chile „Lichtjahre entfernt von der Frauenbewegung in Europa und den USA“. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die früh so aufsässige Isabel selbst mit 20 heiratete und Kinder bekam – ganz traditionell. Doch die Mitarbeit in einer frauenbewegten Zeitschrift hielt ihren Zorn gegen den lateinamerikanischen Machismo wach: „Wir schrieben mit dem Messer zwischen den Zähnen“ beschreibt Allende ihren Feminismus. Kein Mangel an Männern Isabel Allende hat ein bewegtes Leben hinter sich, in dem es ihr – wie sie schreibt – nie an Männern gemangelt hat. Im späten Alter hat sie nochmal einen Lebensgefährten gefunden. Ihre Enkel halten sie auf dem Laufenden, was Gendersprache angeht und Begriffe wie Polyamorie. „In meiner Jugend…
Die Bücher von Nicola Förg laufen immer noch unter dem Label „Alpen-Krimi“. Doch sie haben sich längst vom Heimatkrimi-Image emanzipiert. Auch stilistisch sind sie anspruchsvoller geworden. Und die Journalistin Nicola Förg zeigt immer wieder, dass sie gut ist im Recherchieren. Im neuesten Krimi um die Allgäuer Kommissarin Irmi Mangold und ihre junge Kollegin Kathi Reindl geht es um den Immobilien-Hype, der nach Ansicht der Autorin dazu führt, dass auch kleine Dörfer „wachsen wie Geschwüre“ und für manche Häuser „astronomische Summen“ verlangt werden. Einblicke in die Allgäuer Seele „Böse Häuser“ lernt Irmi kennen, als sie sich mit ihrem Lebensgefährten Hase auf die Suche nach einem gemeinsamen Zuhause macht. Bei der Besichtigung eines zur Luxusimmobilie ausgebauten Hofes auf dem Auerberg wird einer der Interessenten erschossen. Bei den Ermittlungen im Allgäu unterstützt Irmi den brummigen Gerhard Weinzirl, der ihr in einer gemeinsamen Notlage Einblick in seine Allgäuer Seele gewährt. Wer war Ziel des Anschlags? Der Tote war Besitzer eines Autohauses für Nobelkarossen. Eine davon und ein junger, unerfahrener Fahrer waren in einen schweren Unfall verwickelt. Ein Racheakt der betroffenen Familie? Die beiden Ermittler stellen schnell fest, dass auch der Verkäufer, ein wortkarger Bio-Bauer aus Kanada, das Ziel des Anschlags gewesen sein könnte. Und…
In Joel Dickers neuem Roman „Das Geheimnis von Zimmer 622“ geht‘s drunter und drüber. Auch wenn der Titel erstmal gar nicht so aufregend klingt, die Auftritte der oft undurchschaubaren Charaktere sind so turbulent, ihre Motive so rätselhaft, dass selbst der Autor zwischendurch die Übersicht zu verlieren scheint. Als Autor im Roman Dabei hat er sich auch noch selbst in den Roman geschrieben – in einer Rahmenhandlung, in der auch sein verstorbener Förderer und Verleger auftaucht. Und eine schöne Frau, die ihn bei der Konzeption des neuen Romans antreibt und unterstützt. Dass sie sich am Ende des Buches als Chimäre entpuppt, verwundert nicht mehr. Denn auch im Roman ist kaum etwas, wie es scheint. Nicht einmal auf die Personen selbst ist Verlass. Ein Opfer und viele Verdächtige Es ist deshalb für den Autor die reinste Sisyphos-Aufgabe, das Geheimnis von Zimmer 622 zu lüften. Dass in diesem Zimmer im noblen Hotel Palace de Verbier eine Leiche gefunden wurde, wird schnell klar. Nur wer das Opfer ist, bleibt lange im Dunkeln. Und fast bis zum Schluss kann man höchstens ahnen, wer die Tat begangen hat. Zu viele geraten in den Verdacht, von dem Mord zu profitieren. Dreiecksgeschichte im Bankenmilieu Der ganze Roman spielt…
Neapel ist ein Bild von einer Stadt, meint Barbara Schäfer. Mit ihrer „Lesereise Neapel“ will sie auch andere von der Schönheit der Stadt überzeugen. Und obwohl sie auch die Schattenseiten nicht auslässt, gelingt ihr das ganz wunderbar. „Wir haben alles im Überfluss, Schönheit und manchmal Hässlichkeit“, zitiert sie etwa Massimo Schischa, Geschäftsführer des berühmten Schokoladenproduzenten Gay-Odin. Denn auch das stimmt: Neapel ist laut, dreckig, kriminell. Leben unter dem Vulkan Aber es hat auch „immer diese offene Seele, die offene Kultur“, so die linke Stadträtin Eleonora de Majo. Schließlich leben die Menschen hier buchstäblich unter dem Vulkan, wie ein Besuch in Herculaneum oder auch in Pozzuoli, dem Hauptort der Phlegräischen Felder, zeigt. Neapolitanische Besonderheiten Man kann viel lernen auf diesen 130 gut recherchierten und unterhaltsam geschriebenen Seiten: Dass sich hinter dem Satz „prendiamo un caffè “ ein „essenzieller Bestandteil“ italienischen Lebens verbirgt. Weshalb der caffè Sopresa, der Kaffee für den Nächsten in Geldnöten, eine gute Tat ist und Teil der neapolitanischen Identität. Dass der Argentinier Diego Maradona der inoffizielle Stadtheilige ist und seine Trikotnummer 10 beim SSC Napoli nicht mehr vergeben wird. Dass Spacconapoli, die Straße, die die Stadt teilt, mehr ist als der Bauch von Neapel. Dass man in Neapel…