Hohe Häuser, das sind in diesem Buch Gebäude auf der Höhe. Und besondere Landschaften stellen Baumeister und Architekten immer wieder vor besondere Herausforderungen. Das gilt vor allem für die Berge. Ihr Formenreichtum, so Nicola Borgmann im Vorwort zu diesem beeindruckenden Bildband, beflügele die Fantasie. Doch die Berge stellten auch die Architekten vor eine schier unlösbare Aufgabe: Jedes Bauwerk mit phänomenalem Ausblick wird auch von weitem gesehen, es prägt die Landschaft und nimmt sich ein Stück Natur. Deshalb gelte es, nur gute Architektur in diese sensible Natur zu stellen. Besondere Architektur an außergewöhnlichen Orten Das Buch will deshalb besondere Architektur an außergewöhnlichen Orten zeigen – moderne ebenso wie traditionelle. Der Gegensatz zwischen oft minimalistischer zeitgenössischer Architektur und traditioneller Alpenbauweise macht den Reiz dieses Bildbandes aus. Das „Anschauungsmaterial“ für Hohe Häuser – Hütten, Hotels, Kapellen und sogar Biwak-Schachteln – ist beeindruckend. Fast sakral wirkt das Innere der supermodernen Berghütte Oberholz im Südtiroler Latemargebirge. In den verglasten Giebeln spiegeln sich die Dolomitengipfel. Mal minimalistisch, mal mit Grandezza Zu den ältesten Berggasthäusern gehört das Aescher, eine der spektakulärsten Jausenstationen der Schweiz, die mittlerweile von Touristen überrannt wird. Auch spektakulär aber ganz zeitgemäß ist die Biwakhütte Gervasutti im Mont-Blanc-Massiv, die röhrenförmig über den Abgrund ragt….
Die Zukunft hat schon begonnen – irgendwann, irgendwie – in diesen Kurzgeschichten von T.C. Boyle. Der Meister der Short Story braucht nur wenige Sätze, um eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, zu zeigen, wie ohnmächtig wir Menschen der Natur gegenüber sind. „Sind wir nicht Menschen“ ist der Titel dieses Sammelbandes, dem der Amerikaner ein Zitat von Lord Byron voranstellt: „Den Menschen lieb‘ ich, mehr noch die Natur“. Ameisenplage und Wassermangel Und diese Natur ist nicht immer menschenfreundlich, schon gar nicht zu Zeiten des Klimawandels. Eine Ameisenplage verdirbt einer jungen Familie die Freude am neuen Haus: „Sie waren überall, diese Ameisen, sie brachen sich in winzigen Wellen an unseren Sandalen, krochen in die Zehenzwischenräume und krabbelten, sobald wir unseren Sohn berührten, in rasender Geschwindigkeit an unseren Händen und Armen hinauf.“ Jahrelange Dürre lässt auch die Liebe eines Paares verdorren: „Wir stritten endlos über die banalsten Kleinigkeiten – wer das letzte saubere Handtuch genommen hatte oder wer das Spülwasser nutzlos in den Abfluss hatte laufen lassen.“ Wiedererleben statt leben T. C. Boyle ist ein genauer Beobachter, ein hellsichtiger Zeitgenosse und ein grandioser Erzähler. Die über Jahrhunderte unterjochte Natur schlägt zurück – in Gestalt eines Tigers, der im Zoo aus seinem Käfig ausbricht. Und…
Der Subkontinent ist nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde und wohl auch das rätselhafteste. Wie viele Reisende ist auch der Schwede Per J. Andersson der Faszination Indiens erlegen: „Ich bin wie besessen davon, den westlichen Lesern Indiens ungeheure Vielfalt von widersprüchlichen Eindrücken zu beschreiben“, notiert er im Vorwort zu seinem Buch „Vom Elefanten, der das Tanzen lernte“. Wie auf einem anderen Planeten Als er das erste Mal in Indien war, fühlte sich der junge Mann wie auf einem anderen Planeten. Danach ist er immer wieder nach Indien zurückgekehrt, obwohl er stets „mit dem Gefühl nach Hause gereist ist, dass ich von dem Land die Schnauze voll habe“. Die Sehnsucht nach dem „anderen Planeten“ ließ ihn nicht los. Und so hat Per J. Andersson Indien erkundet, hat mit reichen und armen Indern gesprochen, war in Bombay und in Bollywood, in Indiens Süden und im Norden des Subkontinents. Ein Land der Widersprüche In seinem Buch beschreibt er nicht nur die unendlichen Widersprüche dieses vielsprachigen Landes mit seinem verwirrenden Götterhimmel, den Kasten und den seltsamen Ritualen. Er schreibt auch über die lange Geschichte Indiens, seine Hochkultur, die englische Kolonisation, den legendären Freiheitskampf unter Mahatma Gandhi und die schmerzhafte Trennung von Pakistan, die…
Namibia wird gern als „Afrika für Anfänger“ gesehen. Ein Land, das mehr mit Schwarzwälder-Kirschtorte als mit Schwarzafrika in Verbindung gebracht wird. Dass das alles nicht ganz so einfach ist im ehemaligen Deutsch-Südwest, darüber hat Anna Mandus in ihrem lesenswerten Buch „Licht und Schatten in Namibia“ geschrieben. Über die „Wagenburgmentalität“ der Weißen ebenso wie über den Stolz der Schwarzen und die Zerstrittenheit der Stämme. Über Kartoffelbrei als Erbe der Kolonialzeit und Trüffel in der Kalahari, über Grillsitten und Kriminalität, über Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und Gewalt. Und über AIDS, Todesursache Nr. 1 und für die namibischen (schwarzen) Jugendlichen eine alltägliche Bedrohung. BuchAward für Namibia, Teil 2 Jetzt hat die Autorin, die in Namibia mit einem Mann an ihrer Seite ihre Wahlheimat gefunden hat, nachgelegt. Mit Erfolg: „Licht und Schatten in Namibia 2“ wird auf der ITB mit dem BuchAward für das „besondere Reisebuch“ ausgezeichnet. Das liegt wohl auch am bunten Mix, den die Autorin so locker und lesenswert serviert. Da geht es bunt weiter mit Frauenpower und Pop, mit Landreform und Feier-Traditionen. Anna Mandus schreibt nicht als Beobachterin sondern als Betroffene. Sie kennt Namibia inzwischen von innen, wenn auch größtenteils aus Sicht der weißen Bevölkerung. Alltagsprobleme bei Schwarz und Weiß Sie weiß um…
Noch immer gilt lonely planet als die Bibel für abenteuerlustige Individualisten. Der neue Band „Der Sinn des Reisens“ empfiehlt sich als „deine Bucket List für gutes Reisen“ und enthält tatsächlich einige Tipps für nachhaltige Erlebnisse wie „Im Naturschutz aktiv sein“, „Ohne Plastik reisen“ oder „Ein Land zu Fuß durchqueren“. Auch lonely planet preist die Wirksamkeit von Waldbaden oder feiert Wasser als „pure Lebensfreude“. Denn schon die Nähe zu Wasser kann sogar „Zerbrochenes heilen“, wie der Meeresbiologe Wallace Nichols in seinem Buch „Blue Mind“ verkündet. Dorfleben und Sternenhimmel Empfohlen werden auch Reisen, bei denen man an einem Ort verweilt und womöglich ins Dorfleben eintauchen kann oder Übernachtungen unterm Sternenhimmel etwa beim Wüstencamping in Namibia. „Das Universum füttert unsere Seele – ganz umsonst“ heißt es dazu – wenn man denn die Reise nach Namibia oder in den Himalaya nicht dazu rechnet. Auch sonst wundert sich der geneigte Leser manchmal, zum Beispiel, wenn „Reisen im eigenen Land“ als Beitrag zum Umweltschutz gelobt werden und man dazu Tipps für Trips in den USA, Australien und Schottland findet. Aber das liegt halt daran, dass dieser Sammelband von lonely planet auf der englischen Ausgabe „Travel Goals 2019“ fußt. Kraftplätze und Pilgerziele Natürlich finden aufmerksame Leser trotzdem…
Der Defekt ist am Anfang nur für sie spürbar. Aber Vetko scheint mehr zu wissen als andere. Sie müsse sich fügen, sagt der seltsame Junge zu Mina. 16 Jahre ist sie alt, als sie dem 18-jährigen Einzelgänger näher kommt. Da erschießt Vetko seinen Hund vor ihren Augen. Mina ist schockiert – und fasziniert. Und ganz allmählich erkennt sie, dass sie anders ist als ihre Mitschüler, anders als ihre beste Freundin und ihre Eltern. Leona Stahlmann beschreibt in ihrem Roman Der Defekt die Suche Minas nach ihrer Identität, nach dem, was sie befriedigt. Erinnerung in Narben und blauen Flecken Es ist etwas anderes als normaler Geschlechtsverkehr, das weiß sie. Und es ist etwas, das sie immer wieder erleben will. Ein Einverständnis, das zwei Menschen zu einer Einheit schmiedet. Und Vetko gibt den Takt vor: „Mit jeder Narbe, jedem blauen Fleck kannst du die Zeit dehnen,“ sagte er zum Abschied. „Wie lang dauert durchschnittlicher Sex, fünfzehn Minuten? Wir hören nie auf damit, solang unsere Körper sich erinnern, eine Narbe von mir auf dir, und du wirst noch in zehn Jahren mit mir schlafen, wenn du sie ansiehst.“ Süchtig nach Gehorsam Mina weiß, dass sie und Vetko Grenzen überschreiten – und sie ist…
Sie sind ganz normale Bürger in mittleren Jahren und sie leben in den englischen Midlands, da, wo man auch Tolkiens Hobbits verorten könnte. Der lange glücklose Autor Benjamin Trotter, seine Schwester Lois, seine Freund Doug, ein linker Journalist, und Philip, ein Kleinverleger. Jonathan Coe hat über diesen Personenkreis schon öfter geschrieben, etwa 2001 in „The Rotters Club“. Doch „Middle England“, der Roman, den die englische Kritik als „Brexit-Roman“ einstufte, ist anders. „Dies ist ein Buch, das die Gegenwart voraussagt“, urteilte der Guardian. Miese Stimmung im Land Tatsächlich setzt die Handlung 2010 ein, als Cameron mit den Liberaldemokraten die erste Koalition in Großbritannien seit Generationen schmiedete. Die Leser werden Zeugen der Londoner Unruhen und der Ermordung der britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox. Sie erleben eine kurze Hochstimmung während der Olympischen Spiele und die Anti-Migranten-Hetze des Nigel Farage. Die Stimmung im Land ist mies, wie Doug feststellt: „Die Leute sind mittlerweile so sauer, und niemand weiß, was man dagegen tun kann. .. Die Wähler sehen diese Typen in der City, die vor zwei Jahren praktisch die Wirtschaft zerstört haben und dafür nie irgendwie belangt worden sind – keiner von ihnen ist in den Knast gewandert, und jetzt streichen alle wieder ihren Bonus ein,…