Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg umfassen fünf Bände. Für seine Wanderungen auf den Spuren Fontanes unter dem Titel „Heut ist irgendwie ein komischer Tag“ hat Cornelius Pollmer gerade mal 235 Seiten gebraucht. „Fontane reloaded“, wie es der Buchumschlag suggeriert, ist also ein bisschen hoch gegriffen. Der junge Journalist hat auch nicht Schlösser und Kirchen beschrieben oder sich dem kulturhistorischen Hintergrund gewidmet. Ihn interessierte nicht das Gestern, sondern das Heute. Originale und Landjugend Und da waren es vor allem die Menschen, die Pollmer faszinierten. Ausgiebig beschreibt er Originale wie Schniepa, den unentwegt quasselnden und organisierenden Truck-Kapitän, oder Krafft Freiherr von Knesebeck, einen Wessi mit erstaunlichem „Regionalimperium“, zu dem auch ein Hundehotel gehört. Und dann natürlich die Landjugend um Troppi, die feste feiern kann und sich auch im Suff noch der Heimat verbunden fühlt. Sommerleichte Aufzeichnungen „Das Geschehen auf Wanderungen kann ein ganz und gar innerliches sein, eine Instrospektion zu allen möglichen Fragen des Lebens,“ schreibt Pollmer zwischendrin, „So wandert man äußerlich durch die Gegend und innerlich durch sich selbst und alles schwingt in einem idealerweise sommerleichten Gefüge.“ Sommerleicht sind auch seine Aufzeichnungen, manchmal vielleicht ein bisschen zu leicht oder eher rotzig, wenn die Sonne „so erbarmungslos feuert, dass allen langsam,…
Die Faszination Eisenbahn ist von der ersten Seite an spürbar, und sie zieht sich durch alle sechs Kapitel und alle 400 Seiten. Die Weltreisende Sarah Baxter stellt die Züge als Zeitmaschine vor und beginnt ihre Reise durch die Geschichte der Menschheit anhand von Eisenbahnstrecken in der Urgeschichte. Das letzte Kapitel widmet sich dem modernen Streckenbau und der Rückbesinnung auf eine lange Tradition. Von Namibia bis Tschernobyl Ganz so schlüssig ist das Konzept allerdings nicht, auch wenn zu manchen Strecken Geschichtliches erzählt wird. Vordergründig geht es vor allem darum, interessante und spektakuläre Strecken vorzustellen, wobei nur ein Bruchteil mit einer ausführlichen Beschreibung, Karten und Bildern aufwarten kann. Nummer 1 ist der Wüsten-Express in Namibia, der auf einem Eisenbahnnetz aus der Zeit des deutschen Kaiserreichs unterwegs ist. Nummer 494, das letzte große Porträt, beschreibt die Strecke Owrutsch-Tchernihiw, zu der bis zum GAU 1986 auch Tschernobyl gehörte. Heute fahren die Züge bis Slawutytsch, das für die Menschen gebaut wurde, die aus der radioaktiv verseuchten Zone evakuiert werden mussten. Von hier führt ein Abschnitt zur neuen Endstation Semikhody in der 10-km-Sperrzone um Tschernobyl. Höhlenbahn und höchste Eisenbahn der Welt Es sind also höchst unterschiedliche Züge und Strecken, die das Buch vorstellt. Auch Schmalspur- und…
Der Roman „Sophie‘s Welt“ hat den ehemaligen Philosophielehrer Jostein Gaarder weltberühmt gemacht. In dem Buch erzählt der Norweger auf leicht verständliche Weise die Geschichte der Philosophie und ihrer großen Denker. Seither widmet sich Gaarder Romanen mit doppeltem Boden wie „Das Kartengeheimnis“ oder „Das Orangenmädchen“. Auch das letzte Buch des inzwischen 67-Jährigen ist eher eine philosophische Betrachtung als ein Roman, das Gleichnis eines Lebens: „Nichts an meiner Situation ist einzigartig, im Gegenteil. Ich bin nur einer von uns, und in dieser Rolle werde ich heute Abend und heute Nacht hier sitzen und schreiben.“ Grausame Diagnose In „Genau richtig. Die kurze Geschichte einer langen Nacht“ blickt der Lehrer Albert, der gerade erfahren hat, dass er nicht mehr lange zu leben hat, schreibend auf sein Leben zurück. Er ist ins „Märchenhaus“ zurückgekehrt, ins heiß geliebte Ferienhaus der Familie, in dem er und seine Frau Eirin ihre erste Liebesnacht verbrachten – als Einbrecher. Jetzt ist Eirin auf Dienstreise in Australien und Albert muss allein mit der grausamen Diagnose zurecht kommen, mit der die Hausärztin Marianne ihn konfrontiert hat. Ausgerechnet Marianne, die Frau, die er wegen Eirin verlassen und mit der er später seine Frau betrogen hat. Blick zurück in Liebe Albert erinnert sich daran,…
Ursula Poznanski konnte nicht widerstehen: Erebos ist zurück. Das Spiel, an dem sich Nick Dunmore vor zehn Jahren beinahe die Zähne ausgebissen hat, meldet sich von selbst auf seinem PC. Nicht genug damit, auch auf dem Handy ist Nick mit dem rätselhaften Spiel verbunden – ständig und überall. Und Erebos mischt sich skrupellos in Nicks Leben ein, beendet seine Beziehung, manipuliert seinen Alltag als Fotograf. Als er begriffen hat, dass er selbst zu Spielfigur zu werden droht, rettet sich Nick über analoge Kommunikation, Postkarten und Briefe. Zusammen mit seinem Freund Victor versucht er, Erebos auszuhebeln. Als die beiden dann auch noch den alten Kumpel Speedy mit ins Boot holen, wird der zusammengeschlagen. Für Nick ein Omen, dass Erebos zu allem bereit ist, wenn er nicht kooperiert. Jugendliteraturpreis für Erebos 1 Mit Erebos begann die sensationelle Karriere von Ursula Poznanski. Ihr Roman über ein Spiel, das die Spieler zu Marionetten macht, traf vor neun Jahren den Puls der Zeit und brachte der Wiener Autorin den Jugendliteraturpreis ein. Eigentlich wollte Poznanski keine Fortsetzung schreiben. Die Geschichte sei auserzählt, meinte sie. Aber die Entwicklung künstlicher Intelligenz und von Sprachassistenten wie Alexa und Siri, die Allgegenwart von Smartphones und die Abhängigkeit von solchen Geräten…
Südtirol ist eines der Lieblingsurlaubsziele der Deutschen, nicht nur, weil sich in dem Ländchen deutsche und italienische Mentalität so harmonisch verbinden – auch in der Küche – , sondern vor allem wegen seiner landschaftlichen Schönheit. Wandernd lassen sich Berg und Tal erleben, und, wenn es so richtig heißt wird, locken Seen und Wasserfälle mit Abkühlung. In dem Büchlein „Seen und Wasserfälle in Südtirol“ stellt Anja Eichelsdörfer die schönsten Wanderungen vor – von einfachen Spaziergängen über Wanderungen für die ganze Familie bis zu anspruchsvollen Touren. Abseits überlaufener Wanderziele Und sie zeigt auch, dass die Wanderziele nicht immer bekannte Seen sein müssen, die im Sommer meist hoffnungslos überlaufen sind. Weniger bekannt als der Pragser Wildsee in den Pragser Dolomiten ist zum Beispiel der Kortscher See im Vinschgauer Schlandrauntal auf 2510 Metern Höhe, den man nach anstrengender Wanderung mit etwas Glück für sich allein haben kann. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind allerdings für den langen Weg erforderlich. Abkühlung verspricht auch der 2017 eröffnete Plima-Schluchtenweg im Martelltal. Unter anderem macht es eine Hängebrücke möglich, dem rauschenden Wasser ganz nahe zu kommen. Für die leichte, aber abwechslungsreiche Familienwanderung veranschlagt die Autorin eineinhalb Stunden Gehzeit. Durch die Schlucht und über den Steig Bis zum Sommer 2015 war die…
Als Mitte April Notre Dame in Paris brannte, hielt die Welt den Atem an. Die Kathedrale auf der Ile de la Cité ist mehr als eine Kirche, mehr als ein Wahrzeichen von Paris, sie ist das Herz der französischen Hauptstadt – mehr noch als der Eiffelturm. Wie sehr Notre Dame unsere Sicht von Paris prägt, zeigt der wunderbare Bildband Paris von Serge Ramelli, eine Hymne an die Stadt der Liebe in Sonnenuntergangs- und Nachtfarben. Die Fotos feiern die Schönheit der Stadt Der Fotograf fand für seine Kamera-Gemälde ungewöhnliche Perspektiven, in allen Details ist seine Liebe zu seiner Heimatstadt zu spüren. Serge Ramelli feiert Paris, was dazu führt, dass er alles ausblendet, was seinem Ideal entgegen steht. Die modernen Seiten der französischen Hauptstadt kommen in dem Bildband nur ganz am Rand vor. Sie lassen sich auch nicht so schön in Szene setzen wie die klassischen Gebäude, wie Montmartre, Sacre Coeur, die Seine, der Louvre oder eben Notre Dame. Im Bildband steht Notre Dame noch in voller Pracht Im Bildband steht die Kathedrale noch in voller Pracht – mit dem eingestürzten Spitzturm. Mal grau unter einem rosigen Morgenhimmel, mal wie in Gold getaucht, immer aber Bild beherrschend. Diese Fotografien stehen für sich…
Vanessa Walder hat Jura studiert, war Journalistin und ist eine ebenso emsige wie erfolgreiche Kinderbuchautorin. Unter den über 90 Büchern, die sie verfasst hat, sind einige Serien. „Die Unausstehlichen & ich: Das Leben ist ein Rechenfehler“ ist der erste Band einer neuen Serie um das Mädchen Enni. Enni ist ein Störenfried, und das hat seinen Grund. Die Elfjährige ist immer rumgeschoben worden, seit sie sich erinnern kann – von einem Heim in die nächste Pflegefamilie. Was davor war, hat sie verdrängt. Bei der letzten Familie, den wohlhabenden Haagens, wäre sie gerne geblieben. Schon wegen Noah, der für sie wie ein Bruder war. Das Internat in den Bergen Aber dann ziehen die Haagens weg, nehmen Noah mit und schicken Enni in ein abgelegenes Internat in den Bergen mit lauter „Psychos“, wie Enni findet. Natürlich will sie so schnell wie möglich abhauen, zu Noah, aber dazu braucht sie die Hilfe der „Unausstehlichen“, wie sie die anderen nennt. Doch ganz so schlimm sind die gar nicht: Da ist Dante, der tolle Kerl im Rollstuhl und Karan, der stille Riese. Lucky, der mutige kleine Sohn der Hausdame. Und da ist die Mathematiklehrerin, die mit ihren Rechenaufgaben Enni fasziniert. Aber da ist auch Lilith, das…
Von der Magie der Berge erzählt Eugen E. Hüsler in seinem „Buch der magischen Orte in den Alpen“. Von der Schönheit eines Sonnenaufgangs im Gebirge ist da ebenso die Rede wie vom Ursprung der Wallfahrten, von Eremiten und den Urgewalten der Natur, die Täler und Seen schufen. Früher glaubten die Menschen, die Berge seien Sitz der Götter: Der Olymp etwa oder der Kailash. Und in den Höhlen und Klammen hausten für unsere Altvorderen Teufel oder andere Schreckgestalten. Heute verweisen wir solche Gedanken in die Welt der Sagen und Legenden. Die Berge sind zum Sportplatz geworden Die Gletscher sind auf dem Rückzug, Feen und Zwerge bevölkern nur mehr die Märchen – die Berge sind vielfach zum Spiel- und Sportplatz für Freizeitaktivitäten geworden. Aber ganz entzaubert sind sie bis heute nicht. Noch heute wandern die Menschen auf dem Ifen über den Gottesacker und erzählen sich die Sage von der verwunschen Alm, deren hartherzige Senner einen alten Bettler verjagten, worauf der Alte sie verfluchte und der Boden Mensch und Tier verschlang. Ähnliches erzählt man sich in Österreich über die Alm unter dem Glunzeger. Auch hier traf der Fluch eines Alten zwei hartherzige Burschen. Die Legende vom Heiligen Blut Es war wohl die monumentale…
Ein Fass mit der in Olivenöl eingelegten Leiche eines von Rom nach Syrien entsandten Kardinals wird bei der italienischen Botschaft in Damaskus abgeliefert. Wer hat den geistlichen Würdenträger ermordet? Und was hatte er in Syrien zu suchen? Das soll Kommissar Barudi, der kurz vor der Pensionierung steht, herausfinden. Das Plot klingt nach Krimi, doch der Autor Rafik Schami ist ein enthusiastischer Erzähler. Und so ist „Die geheime Mission des Kardinals“, die am Vorabend des Bürgerkriegs in Syrien spielt, weit mehr als ein üblicher Kriminalroman. Syrien am Rande des Zusammenbruchs Sie ist auch und vor allem ein Porträt der syrischen Gesellschaft am Rande des Zusammenbruchs. Denn Barudi bekommt es bei seinen Ermittlungen mit korrupten Geistlichen ebenso zu tun wie mit dem allgegenwärtigen Geheimdienst, der auch das Polizeipräsidium verwanzt hat, und hinter dem – natürlich – der allgegenwärtige Präsident steht: „Es ist seltsam, dachte Barudi, man macht das Radio an und hört den Präsidenten, man macht den Fernsehen an und sieht den Präsidenten, und wenn man alles ausschaltet, um in den Himmel zu sehen, dann zieht ein kleines Flugzeug einen dreißig Meter langen Spruch des Präsidenten durch die Luft. Die Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften klatschen dem Leser dessen grinsendes Bild ins…