„Wüstenblues“, das klingt eher nach Melancholie. Dabei war das vorherrschende Gefühl, das Gerhard von Kapff bei seiner anstrengenden Radtour empfunden hat, Euphorie. Euphorie darüber, dass er sich der Herausforderung der 1200 Kilometer langen Tour de Force gewachsen gezeigt hat und Euphorie über die grandiose Landschaft, die er aus nächster Nähe erleben konnte. Ein Mountainbike-Greenhorn und eine Wahnsinnsstrecke Lust auf Abenteuer will von Kapff mit seinem bei Delius-Klasing erschienenen Buch machen, zeigen, dass auch ein ganz normale Familienvater, ein Mountainbike-Greenhorn, so eine Wahnsinnsstrecke schaffen kann. Und das gelingt ihm vorzüglich. Denn man liest gerne über seine Erlebnisse, auch weil der Autor so frisch von der Leber weg erzählt, weil er die Leser mitnimmt auf seine Tour, ihnen auch seine Zweifel nicht vorenthält, seine Vorbehalte den anderen erfahreneren Radlern gegenüber, seine manchmal auch kleinlichen Vorurteile. Lesend folgt man dem Mountainbike-Eleven, zittert mit ihm, wenn er wieder mal der letzte ist, wenn wieder mal ein Reifen platzt oder er sich mühsam den Berg hinauf quält. Geschichte von einem der auszog, das Leben auszukosten Von Kapff ist aus seinem „dahinmäandernden Alltag“ ausgebrochen, will noch einmal „Ungewöhnliches wagen“ und sich zum 50. Geburtstag selbst beweisen, dass er dazu auch fähig ist. So wird das Buch…
Pirio Kasparov weiß nicht, dass sie eine besondere Gabe hat, bis ihr Freund Ned bei einem Fischzug ertrinkt und sie im eiskalten Wasser überlebt. Und sie weiß auch nicht, dass ihr die Gabe, nicht zu (er)frieren noch einmal das Leben retten wird – und dabei helfen, einen unglaublichen Umweltfrevel aufzudecken. Doch eines weiß Pirio: Sie wird herausbekommen, warum Ned ertrunken ist – schon wegen Noah, dem kleinen Sohn des Fischers und ihrem Patensohn. Für die Wissenschaft ist Pirios Überleben ein Rätsel, und die Navy würde zu gern von ihrem Talent profitieren. Für viele Zeitungsleser ist sie als „die Überlebende“ eine Heldin, für die Kameraden von Ned allerdings ist sie eine Gefahr. Aufregende Kriminalgeschichte mit filmreifem Show-Down Elisabeth Elo erzählt in ihrem Debüt „Die Frau, die nie fror“ nicht nur eine aufregende Kriminalgeschichte mit einem filmreifen Show-down, sie lässt ihre seit langem mutterlose Heldin auch der eigenen Familiengeschichte auf die Spur kommen. Pirios Verhältnis zum autoritären, in undurchsichtige Machenschaften verstrickten Vater ist angespannt. Wie ihre vom Alkohol abhängige Freundin Thomasina, die Mutter von Noah, hat sie Probleme, eine Bindung aufzubauen, Vertrauen zu entwickeln. Nur der altkluge Noah hat es bisher geschafft, ihr Herz zu erobern. Und für ihn ist sie auch…
„Ich dachte immer noch es gäbe so vieles nachzuholen, so vieles zu erklären, noch lebte er, aber das war das Furchtbare an seinem allmählichen Entgleiten, dass es zu spät war.“ Frieda hat ihre berufliche Laufbahn als Geschichtslehrerin beendet, ihr Vater Theo ist am Rand des Todes. Zeit für eine Annäherung. Davon erzählt Anna Mitgutsch in ihrem neuen Roman, dem zehnten, den diese außergewöhnliche Autorin veröffentlicht hat. Auch hier legt sie den Finger in die Wunden und lässt trotzdem ihren – oft schwachen – Charakteren ihre Würde. Das gelingt ihr, indem sie die Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt, aus der Perspektive der lange zurückgewiesenen Tochter und aus der des allwissenden Erzählers, der die Geschehnisse objektiviert. Entfremdete Familie Friedas Besessenheit, die Wahrheit über die Rolle ihres Vaters bei den Kriegsgräueln der Wehrmacht zu erfahren, hat ebenso zur Entfremdung zwischen Vater und Tochter beigetragen wie die allzu schnelle Heirat des Vaters nach dem Tod der Mutter und die hasserfüllte Eifersucht der neuen Frau, Berta, auf die widerspenstige Tochter. Berta zwingt den willenlosen Theo, den Kontakt zu Frieda abzubrechen. Doch als der Mann hinfälliger wird, lässt sie widerwillig einen neuen Versuch der Annäherung zu. Ein Jahrhundert in Jahreszeiten Mitgutsch hat ihren Roman in fünf…
In J. Ryan Stradals Roman „Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens“ geht es zwar um eine geniale Köchin und die Kapitelüberschriften weisen allesamt auf Rezepte hin. Trotzdem ist der Titel eher irreführend. Denn Stradal erzählt zwar ausführlich vom Kochen, aber vor allem eine ungewöhnliche Familiengeschichte in der amerikanischen Provinz. Die Frau mit dem absoluten Geschmackssinn Im Mittelpunkt des Buches steht Eva Thorwald, die Frau mit dem „absoluten Geschmackssinn“. Kein Wunder, ihr Vater ist Koch, ihre Mutter eine ausgezeichnete Sommelière. Doch das weiß Eva nicht. Denn die Mutter verlässt die kleine Familie, als Eva noch ein Baby ist, und der Vater stirbt ausgerechnet an Evas ersten Weihnachtsfest. Seine über alles geliebte Tochter wächst bei Onkel und Tante auf und wird zu einer Virtuosin der Küche des Mittleren Westens und bald auch zu einem umschwärmten Star, der mit seinen Pop-up-Dinners jeden Preis verlangen kann und trotzdem ellenlange Wartelisten abarbeiten muss. Kein Wunder, dass auch Evas leibliche Mutter davon hört und alles in Bewegung setzt, um an solch einem Dinner teilzunehmen… In jedem Kapitel ein neuer Blickwinkel 425 Seiten braucht J. Ryan Stradal in seinem Debütroman, um die beiden ungleichen Frauen aufeinander treffen zu lassen. Weil er Evas Geschichte in jedem Kapitel…